Der Nürburgring — ein Überblick zum Geschehen der letzten 12 Monate

Das war ein abwechslungsreiches Jahr für den Nürburgring. Schlagzeilenträchtige Automobilrennen, aber auch das Geschehen im Umfeld der Rennstrecke ließen viele tausend Besucher in die Eitel pilgern. Das erhoffte, ungetrübte Bild des Nürburgrings als Zentrum deutschen Motorsports war den Verantwortlichen allerdings während der vergangenen 12 Monate nicht vergönnt. Die Diskussionen um die Zukunft des Rennkurses in der Eifel hielten an und fanden neue Nahrung.

Jubiläum feierte zunächst das Rennsportmuseum am Nürburgring im Oktober 1985. Vor Jahresfrist eröffnet, verzeichnete es in 12 Monaten 90 000 zahlende Gäste. Die ausgestellten Exponate aus mehreren Jahrzehnten Automobil- und Motorsportgeschichte lassen die Herzen aller Motorsportfans ebenso wie des interessierten Publikums höher schlagen. Kostbarkeiten des Automobilsports und der Motorradtechnik vergangener Epochen und moderne, PS-starke Fahrzeuge gibt es in dem für 4,6 Millionen DM gebauten Museum zu besichtigen. Der Dynamik heutiger Automobilentwicklung hat sich auch das Rennsportmuseum angepaßt. Im ständigen Wechsel werden sehenswerte Exponate präsentiert. Das lohnt auch einen mehrmaligen Besuch im Jahr.

Die weitere Präsenz der Formel 1 auf dem Nürburgring steht derzeit in den Sternen — so läßt sich verkürzt die Situation um den Weltmeisterschaftslauf der höchsten Automobilklasse in der Eifel umschreiben. Angefangen hatte alles mit einem Beschluß der FISA, des Internationalen Automobilsport-Verbandes. Danach sollte der Formel-l-Grand-Prix in den nächsten fünf Jahren an eine Rennstrecke je Austragungsland gebunden sein. Für die Bundesrepublik Deutschland lag darin insofern eine problematische Konstellation, da neben dem Nürburgring auch der Hockenheimring als Formel-1-Strecke zur Verfügung steht. Nach einer längeren Zeit der Ungewißheit, in der zahlreiche Gerüchte die Runde machten, stand schließlich fest: In den nächsten fünf Jahren findet der Deutsche Formel-1-Weltmeisterschaftslauf nicht auf dem Nürburgring, sondern auf dem Hockenheimring statt. Allenfalls der Große Preis von Europa als zusätzliche Veranstaltung im Formel-l-Kalender kommt für den Nürburgring in Betracht. Und noch ein weiteres bereitete den Verantwortlichen in der Geschäftsführung der Nürburgring GmbH und dem Aufsichtsrat der Gesellschaft Kopfzerbrechen. Die Kreisverwaltung Ahrweiler hatte nämlich im März 1986 die Nutzung des Übernachtungsbereiches im Sporthotel Tribüne und der Haupttribüne untersagt. Gründe des Brandschutzes gaben für diese Entscheidung den Ausschlag. Die Erinnerungen an die Brandkatastrophe im englischen Bradford waren noch zu frisch und zu erschreckend, als daß die vorhandenen Parallelen der Holztribünen in Bradford und am Nürburgring zu übersehen gewesen wären. Letztlich einigte man sich für die laufende Rennsaison auf eine eingeschränkte Nutzung der kritischen Bereiche, wobei der Neubau eines Hotels im Interesse der Besucher und Hotelgäste Ziel der weitergehenden Bestrebungen ist. Die negativen Begleiterscheinungen der Aktivitäten rund um den Nürburgring vermögen allerdings den klaren Aufwärtstrend der mit öffentlichen Mitteln finanzierten Anlage nicht zu verdecken. Vor allem die Zuschauerzahlen sprechen eine deutliche Sprache und zeigen, daß der neue Nürburgring von den Motorsportfans und als Forum begleitender Veranstaltungen angenommen wird. So waren es beim Internationalen ADAC-Eifelrennen Ende April 1986 20 000 Besucher, beim Motorrad-Grand-Prix einen Monat später 70 000 und Mitte Juli beim erstmals auf dem Programm stehenden Truck-Grand-Prix gar 90 000 Zuschauer, die den Weg in die Eifel fanden und begeisternden Motorsport erlebten. Höhepunkt im außersportlichen Bereich war ganz gewiß das Open-Air-Festival »Rock am Ring«, dem 50 000 Musikfans beiwohnten. Im Terminkalender sowohl des Nürburgrings als auch der Musikszene dürfte sich das zum zweiten Male durchgeführte, zweitägige Konzert damit einen festen Platz erobert haben.

Ausgesuchte Exponate aus der Motorsport-Geschichte finden das Interesse der Besucher im Rennsport-Museum am Nürburgring. 
Foto: Sesterheim

Spannende Rennen gab es beim ersten Truck-Grand-Prix auf dem Nürburgring. 
Foto: Esch

Ein Bild wie aus alten Tagen: Beim Motorrad-Grand-Prix im Juni 1986 sah sich die Rennstrecke einem großen Besucheransturm ausgesetzt. 
Foto: Sesterheim

Jugendliche Fans aus vielen Ländern waren begeisterte Zuhörer beim zweiten Open-Air-Festival von »Rock am Ring«. 
Foto: Görgler

Eine weitere Tatsache, die Anlaß zu Optimismus gibt: Der Nürburgring war im Jahre 1986 schon frühzeitig bis zum Ende der Rennsaison ausgebucht — trotz des Fernbleibens der Formel l.

Im Zeichen der alten Raubritterburg am Nürburgring werden deshalb auch zukünftig und unverändert die Rennfahrzeuge ihre Runden drehen, bewundert von den vielen Motorsportfans, für die der Nürburgring noch immer Nostalgie und Erlebnis zugleich ist. Zum Schluß und brandaktuell eine positive Nachricht für alle Nürburgringfans: Ab 1987 werden im jährlichen Wechsel mit der englischen Rennstrecke Brands Hatch wieder Formel-l-Rennen auf dem Nürburgring stattfinden. Eine entsprechende Zusage für den Europa-Grand-Prix gab der Präsident des Internationalen Motorsportverbandes, Jean-Marie Balestre, im September dem Staatssekretär in der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei, Hans-Eberhard Schleyer.