Die ARE-Künstlergilde

Ein Rückblick anläßlich ihres 50jährigen Bestehens

Prof. Dr. Bernhard Kreutzberg

Künstlervereinigungen haben erfahrungsgemäß nur eine kurze Lebenszeit und lösen sich oft schon in der ersten Generation wieder auf. So handelt es sich hier um ein bemerkenswertes Jubiläum und wir. als älteste Vereinigung dieser Art im Kreis Ahrweiler, sollen anläßlich des 50jährigen Bestehens zurückschauen und darüber nachdenken, welche Bande wohl die Künstler des Kreises Ahrweiler in dieser Gruppe zusammengehalten haben.

Der ARE-Künstlerkreis

Die ARE-Künstlergilde oder auch kurz "ARE-Gilde" genannt, hat ihren Ursprung im ARE-Künstlerkreis von 1941.

Sämtliche Chroniken, Sitzungsunterlagen, Zeitungsausschnitte, Ausstellungskataloge und weitere Dokumente sind fast lückenlos vorhanden und erhalten geblieben. Sie werden seit zehn Jahren durch den Chronisten der Gilde, Ernst Kley. Ahrweiler. verwaltet und weitergeführt.

Anfang Februar 1941 fand ein Zweiergespräch im Restaurant "Steinalt" in der Niederhut in Ahrweiler zwischen dem Schriftsteller Ernst Karl Plachner und Otto Sostmann statt, in dem erstmals der Plan eines Künstlerbundes im Ahrtal entwickelt wurde. Bereits am 15. Februar 1941 ist dann im Ratskeller in Ahrweiler die erste Zusammenkunft schaffender Künstler im Ahrtal. Dabei sind Studienrat Dr. Heinz Graef, Ahrweiler: Musikdirektor Bruno Korte-meier. Organist in Bad Neuenahr: Dr. Paffrath, Köln: Bildhauer Hanns Matschulla. Ahrweiler:

Matschulla.gif (118395 Byte)

Hanns Matschulla: Arbeit an der Rosenkranzkirche.

Kreuzberg.gif (139016 Byte)

Ein Eifelmaler: Pitt Kreuzberg mit "Große Eifel"

Komponist Johannes Müller, Ahrweiler: Schriftleiter Alex Plachner, Ahrweiler: Schriftsteller Ernst Karl Plachner, Ahrweiler; Schriftleiter Otto Sostmann, Remagen: Bürgermeister Dr. Dr. Ottendorff-Simrock, Bad Neuenahr. An diesem Abend wurde der Künstlerkreis gegründet und eine erste Satzung festgelegt. In schneller Reihenfolge fanden weitere Sitzungen statt und neue Mitglieder wurden gewonnen, so die Malerin Erika von Roques. geb. Pollack; Hobbyarchäologe Karl Maria Funk, Remagen; die Malerin Christel Lückers; der Dirigent Josef Keip; die Malerin und Musiklehrerin Marga Plach-ner-Nückel; der Maler Alfons Schädel, Alte-nahr, und der Maler Franz Steinborn, Sinzig. Gleich im ersten Jahr der Gründung finden sich schon mannigfaltige Aktivitäten auch über den Ahrkreis hinaus. Ernst Plachner las in Heidelberg aus seinen Werken, Franz Steinborn stellt seine Bilder in Sinzig aus. Am 3. August 1941 findet erstmals im Gartensaal des Bad Neu-enahrer Kurhauses eine große Bilderausstellung des neu gegründeten Künstlerkreises statt. Die feierliche Eröffnung im Barocksaal des Kurhauses wurde begleitet von einer Musikdarbietung des Kurorchesters. Danach folgte die Besichtigung der über 100 Bilder und Plastiken. Die Presse nahm in verschiedenen Zeitungen lebhaften Anteil und schrieb ausführlich Biografisches zu den einzelnen Künstlern. Diese erste Ausstellung wanderte dann weiter nach Niederbreisig, nach Ahrweiler - wurde dort sogar verlängert - und ging schließlich nach Sinzig.

Das erste Jahr nach der Gründung war noch nicht beendet, da verlor der ARE-Künstlerkreis durch den Tod sein Ehrenmitglied und Mitbegründer, den Komponisten Johannes Müller aus Ahrweiler. In der musikalischen Sektion der Gruppe war er der Bedeutendste und hinterließ eine nicht mehr zu schließende Lücke. 1942, das zweite Jahr nach der Gründung, begann mit großen Plänen. Man wollte Ausstellungen in Düren, Frankfurt und Wiesbaden durchführen. Hanns Matschulla schickte Bilder aus seinem Fronteinsatz in Rußland. Sie zeigten meistens Szenen aus dem russischen Volksleben.

In diesem Jahr stellte der Kreis wiederum im Gartensaal des Kurhauses aus. Dieses Mal waren erstmals die aus Ahrweiler stammenden Pitt Kreuzberg und Carl Weisgerber dabei. Doch alle großen Pläne und Aktivitäten der Gruppe wurden unterbrochen durch den sich mehr und mehr abzeichnenden Zusammenbruch des nationalsozialistischen Staates. In der Chronik steht wörtlich: "Sobald Frieden wird auf Erden, veranstalten die ARE-Künstler ein großes Fest". (3.1.1942) Trotz aller Widrigkeiten finden 1943 und 1944 doch noch Ausstellungen statt.

Niessen.gif (56222 Byte)

Gilde-Präsident Sanitätsrat Dr. med. Josef Messen (Büste von Erna Deisel-Jennes).

Rückblickend in die Gründerjahre des ARE-Künstlerkreises kommt man zu mehreren Feststellungen: Die ursprüngliche Idee, Musik in Form von Komposition und Wiedergabe, Dichtkunst in Prosa und Versen neben der bildenden Kunst in einer Künstlergruppe zu vereinigen, hat sich nicht durchgesetzt. Während unter den neun Gründern nur ein Maler war, expandierte die Aktivität der Gruppe schon nach einem halben Jahr weitgehend zur bildenden Kunst, zur Malerei und Plastik. Die tragenden Persönlichkeiten der vierziger Jahre waren Manns Matschulla, Pitt Kreuzberg und Carl Weisgerber.

Bemerkenswert ist ferner die Beobachtung, daß trotz der allgemeinen Idealisierung dieser Zeit der ARE-Künstlerkreis sich völlig unpolitisch entwickelte. Man war zwar zwangsweise Mitglied im NS-Kulturbund, da man sonst weder ein Bild ausstellen noch verkaufen durfte. Es finden sich aber keine Hinweise in den Chroniken oder bei den Inhalten dichterischer Werke oder der Bilder, die dem damaligen Zeitgeist nahestanden.

Katzenbuckel.gif (120426 Byte)

Ernst Kley: Katzenbuckelbrücke

Neugründung nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach nur dreijähriger Pause aller künstlerischer Aktivitäten durch die Feindseligkeiten am Kriegsende und in der ersten Nachkriegszeit kam es sehr früh, schon 1947. zur Formierung der künstlerischen Kräfte. Erste Aktivitäten gingen aus von dem Maler Hanns Mat-schulla und dem Maler und Oberstudiendirek-tor Ernst Kley. dazu kam der aus dem Handwerk kommende, hochbegabte Maler, Josef Krahforst aus Brohl. Sie wurden unterstützt von der Galeristin Frau Horing aus Bad Neue-nahr. die Jahre zuvor schon als Geschäftsführerin des 1939 gegründeten Kunstkreises Ahr-weiler viele organisatorische Erfahrungen mitbrachte. 1947 fand die Gründungsversammlung der neuen "ARE-Künstlergilde" statt. Es wurden schon bei der ersten Sitzung eine Satzung verabschiedet und ein Vorstand gewählt:

1. Vorsitzender, Dr. med. Josef Niessen, Arzt aus Bad Neuenahr; 2. Vorsitzender, Hanns Matschulla aus Ahrweiler; Geschäftsführer Ernst Kley. Oberstudiendirektor: Kassierer Josef Krahforst aus Brohl. Auch die Inaktiven, das heißt Fördernden, erhielten in Dr. Göcke, dem Kreis-Obermedizinalrat, einen ersten Vorsitzenden. Die Neugründung der ARE-Künstler-gilde wurde wohlwollend von der französischen Militärregierung lizenziert. Als Vereinslokal wurde in Ahrweiler die Gaststätte "Em Höttche" gewählt. Der Plan, im Ahrweiler Niedertor, eine Heimstätte auszubauen, wurde nicht realisiert. Die Neuaufnahmen und die Erlaubnis in der ARE-Gilde ausstellen zu dürfen, bestimmte eine Jury unter dem Vorsitz von Manns Mat-schulla. Sie galt von Anfang an als streng, und manche Bewerber mußten Enttäuschungen hinnehmen. Die Atmosphäre unter den Mitgliedern war freundlich, herzlich und wohlwollend. Erste Ausstellungen waren 1947 in den Lesesälen des Kurhauses Bad Neuenahr, 1948 in der Berufsschule Wilhelmstraße. Ahrweiler, in der ehemaligen Weinhandlung Kreuzberg-Schütz. In diesem 700. Jahr der Ahrweiler Geschichte wurden über1 000 Gäste begrüßt. Der Nachholbedarf aus den Kriegsjahren war offensichtlich. Neue Verinnerlichungen, freie Entfaltung bisher gebremster Kunststile und die Lust der Besucher, Bilder anzuschauen und zu erwerben, zeigte sich deutlich. Die Ausstellung ging anschließend nach Sinzig und Königswinter.

Die ARE-Künstlergilde fand in diesen Jahren ihre jetzige Form, der sie treugeblieben ist. Eine Entwicklung unter ständiger Wachsamkeit nach allen Richtungen hin, fand und findet statt.

Gedächtnisausstellungen

Von Anfang an hat die ARE-Gilde ihre älteren und verstorbenen Mitglieder durch Gedächtnisausstellungen geehrt. In Bielefeld fand ihr dort geborenes Mitglied Hergarden ein viel beachtetes Echo mit 3 000 Besuchern. Krahforst, Pitt Kreuzberg. Matschulla (1966 und 1988), Holstein, Remagen. Ernst Kley zum 70. und 75. Geburtstag. Carl Weisgerber, wurden geehrt. Alle Ausstellungen wurden bestens besucht und die Bevölkerung nahm regen Anteil.

Regelmäßige Ausstellungen

Seit der Gründung wurden, ohne Ausnahme, jährlich meist mehrere Ausstellungen durchgeführt. Die Liste der Gastgeber würde die kurze Darstellung der Geschichte der ARE-Gilde sprengen. Das Kurhaus in Bad Neuenahr mit den Gartensälen, der englischen Kirche und den Lesesälen (durch die Vermittlung von Dr. Ot-tendorff) sind hier beispielhaft zu nennen. Die ehemalige Kreisberufsschule in Ahrweiler, der Rathaussaal der Bad Neuenahr-Ahrweiler Stadtverwaltung, die Synagoge in Ahrweiler, Indu-strieglände in Bodendorf sowie die Komturei in Adenau waren Ausstellungsorte. In den achtziger Jahren konnte die ARE-Gilde sechsmal hintereinander die Gastfreundschaft der Mönche in Maria Laach in Anspruch nehmen. Hier wurden schließlich Besucherziffern bis zu 7 000 innerhalb von drei Wochen gezählt. Auch die Verkaufserfolge stiegen deutlich an. Im Jubiläumsjahr 1990/91 kann wegen Umbauarbeiten die geplante große Ausstellung in Maria Laach leider nicht stattfinden.

Franz Ulrich.gif (82493 Byte)

Franz Ulrich - vor der Staffelei

Ikarus.gif (98305 Byte)

Johannes Fr. Luxem: Graphik Ikarus und Dädalus über Eifel

Die derzeitige Struktur der Ausstellungen ist gerichtet auf eine große Herbstausstellung aller Mitglieder, auf eine thematisch gebundene Ausstellung und auf eine Gedächtnisausstellung. Seit Einführung der Kulturtage des Kreises Ahrweiler ist die ARE-Gilde auch in diesem Bereich eng eingebunden. So ist für das Jubiläumsjahr die Ausstellung "50 Jahre ARE-Künstlergilde" in der Synagoge in Ahrweiler geplant, und eine Gedächtnisausstellung des früheren Mitglieds von 1942, Franz Steinborn. in Sinzig.

Über außerregionale Ausstellungen führte der Weg bisher bis nach Bielefeld, Bonn/Kontrakreis und Bundeshaus, Koblenz/Regierungspräsidium und nach Mainz/Landtag, ebenso nach Trier. International haben Künstler der ARE-Gilde in Paris, Luxemburg, Kopenhagen, Istanbul und in der Schweiz ausgestellt. Der erste Preis der UNESCO-Kinderhilfe ging an eine Künstlerin der ARE-Gilde.

Neue Rechtsform

Die ARE-Künstlergilde wurde 1979 zum eingetragenen Verein und gab sich eine neue Satzung. Die Organisation und Leitung der ARE-Gilde wurde umgestaltet. Ein engerer Vorstand, bestehend aus Präsident, Geschäftsführer und Schriftführer, wurde benannt. Weitere Vorstandsmitglieder als Veranstaltungsleiter, Ausstellungsleiter, Leiter der Jury und Presse-Öffentlichkeitsarbeitreferent wurden gewonnen, so daß die Aufgaben des Vorstandes delegiert werden können. Die Einbeziehung von Nichtkünstlern in die Vorstandsarbeit, die Erfahrung im Organisationswesen mitbringen, wird von den Künstlern gewünscht und anerkannt.

Ehrungen

Die ARE-Gilde erhielt inzwischen die Ehrenplakette des Kreises Ahrweiler, die sie in einer würdigen Feierstunde freudig entgegennahm.

Mitgliederbewegung

Seit Gründung der Künstlergilde hat sich die Mitgliederzahl der tätigen Künstler nur unwesentlich bewegt. Nach wie vor ist die Zahl der aktiven Mitglieder bei etwa 40. Aufnahmeanträge werden durch die Jury entschieden. Die dazu gehörenden Bedingungen werden nur von einem geringeren Anteil der Antragsteller erfüllt. Auch die Aufnahme von Kunstwerken von Nichtmitgliedern in Ausstellungen der ARE-Gilde wird von der Jury entschieden.

Die innere Verfassung der ARE-Gilde im Jubiläumsjahr ist gesund und erfolgreich wie nie zuvor. Monatlich finden Treffs statt, die dem Gedankenaustausch der künstlerisch vitalen Mitglieder dienen. Besonders erfreulich ist der Zugang neuer, junger Menschen, die die Verbindung zu den älteren, erfahrenen Künstlern suchen. Die Organisation ist unkompliziert und hat das Ziel, die Künstler für ihre Arbeit freizumachen, ohne allerdings auf gemeinschaftliches Verhalten in der Gruppe zu verzichten. Die ARE-Gilde pflegt Freundschaft zur südlich benachbarten Pellenz-Künstlergruppe im Raum Andernach und unterstützt die Gründung eines mittelrheinischen Künstlerbundes.

Gouda.gif (70208 Byte)

Frau Köpernik-Kemmel: Warten auf Gouda

Persine.gif (62834 Byte)

Otto Kley: Silhouettengruppe mit Persine, Merlin und Melusine (Holzplastik)

Die ARE-Gilde hat durch ihre tolerante Haltung gegenüber allen Kunststilen ihrer Mitglieder das erstaunliche Jubiläum von 50 Jahren nicht nur überstanden, sondern hat sich außerordentlich bewährt im Kunstschaffen des Kreises Ahrweiler.

Die neuen Wünsche und Planungen gehen in das nächste Jahrzehnt und führen hinüber ins Jahr Zweitausend, in dem neue Strömungen und Formen in der Kunst erwartet werden dürften.

Präsidenten

1947 - 1972 Dr. med. Josef Niessen (später Alterspräsident). 1973 - 1978 Paul Joseph, Graf Wolff Metternich, seit 1978 Prof. Dr. med. Bernhard Kreutzberg.

Geschäftsführer

1947 - 1973 Ernst Kley, 1973 - 1979 Richard Kraus, seit 1979 Otto Kley.

Derzeitiger Vorstand

Prof. Dr. med. Bernhard Kreutzberg, Präsident, Otto Kley, Geschäftsführer, Edith Kögl. Schriftführung und Veranstaltungen, Franz Ulrich. Ausstellungsleitung, Toni Odenthal, Kassenleitung, Fr. Joh. Luxem, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Rudolf Bandt. Beisitzer.