Aus dem Schlaf geschüttelt

Wenige schliefen in jener Nacht vom 12. auf den 13. April 1992, als sei nichts gewesen. Einige glaubten am nächsten Morgen, von einem Schaukeln und Schütteln wie bei einer sturmgepeitschten Seefahrt geträumt zu haben. Die meisten aber wurden um 3.24 Uhr aus dem Schlaf gerissen, hörten verschreckt, wie Möbel knirschten, sahen Gegenstände aus den Regalen stürzen und Lampen hin- und herpendeln.

Erste Meldungen im Radio klärten sie auf: Die Erde hatte gebebt, „nur" 15 Sekunden lang, aber so stark wie seit 1756 nicht mehr. Die nach oben offene Richter-Skala zeigt für das Kreisgebiet eine Stärke von 5,5 bis 5,8.

Im wahrsten Sinne des Wortes erschütternd war auch für die Menschen im Kreis Ahrweiler die Erkenntnis: Die Erde unter unseren Füßen bebt, weil sie lebt. Tief im Innern unseres Planeten herrschen Temperaturen bis zu 5.000 Grad Celsius. Flüssiges Magma sorgt für ständige Wärmeströme, vergleichbar mit heißem Wasser im Kochtopf auf der Herdplatte. Wissenschaftler sprechen von Konvektionsströmungen; diese zerreißen die äußere Hülle, die feste Erdoberfläche, in Schollen, driften auseinander, stoßen zusammen, brechen, verkeilen und verhaken sich. So auch die Niederrheinische Bucht. Sie gilt als uraltes Senkungsgebiet und damit als sogenannte tektonische Schwächezone. Die Ruhr-Scholle und die Venloer Scholle waren für das Jahrhundert-Erdbeben im April 1992 verantwortlich.

Die meisten Schäden innerhalb des Kreises Ahrweilerwurden im Raum Remagen-Oberwinter-Rolandseck verzeichnet: Risse im gesamten Bau bis in den Keller, von den Wänden abgeplatzter Putz, eingestürzte Kamine, Scherben im Wohnzimmerschrank, Stromausfall. Auf der Landskrone zwischen Heppingen und Hei-mersheim stürzte die markante Nase ein, jener weithin sichtbare Rest der alten Burgruine. Am Atomkraftwerk Mühlheim-Kärlich wurden keine Schäden festgestellt.

Landskrone.gif (126355 Byte)

Vom markanten Rest der Burgruine Landskrone blieb am Morgen des 13. April nur noch ein Haufen Steine und Geröll übrig.