„Gegen Vollsauferei und Trunckenheit..."

Als auf Burg Arenberg mehr gesoffen als geschossen wurde

Dr. Peter Neu

Das Zusammenleben junger Menschen in einer Garnison ist nirgends auf der Welt unproblematisch. Exerzieren, marschieren, Waffen putzen, Wache halten - das mag zwar einen Tag ausfüllen, aber der alltägliche Trott und die Langeweile bergen auch Gefahren für junge Menschen in sich. Wen wundert es, wenn Offiziere mit Strenge und Härte bemüht sind, die „Truppe kampfbereit" zu halten? Das war vor Jahrhunderten nicht anders als heute.

1730 auf der Festung Arenberg: Ein strenger, harter Gouverneur übte auf der Burg im Namen des Herzogs Leopold von Arenberg die Macht aus. Der Gouverneur, Ludwig Anton de Romagnol, war als landfremder Offizier in die Eifel gekommen und hatte sich hier nie heimisch gefühlt. „Ein Herr - ein Land!" das war sein Wahlspruch. Widerspruch duldete er nicht. Wer sich ihm widersetzte, erhielt von ihm persönlich Schläge mit einer Peitsche. Kein Wunder, daß der Mann beim einfachen Volk ebenso verhaßt war wie bei seinen Soldaten auf der Burg.

Sonntag nach Ostern 1730 - auf dem Weg von der Burg ins Tal lauerte ein Bürger aus Antweiler dem verhaßten Gouverneurauf und streckte ihn mit zwei Schüssen aus nächster Nähe zu Boden. Der Gouverneur konnte sich zwar noch in den Ort schleppen, hier aber starb er wenige Tage später an den Verwundungen.

Im Land atmete man auf - man hoffte auf bessere Zeiten und auf gnädigere Beamte. Auch die Soldaten auf der Burg scheinen über den Tod des Offiziers keine sonderliche Trauer empfunden zu haben. Nun konnte man nachholen, was versäumt war. Wie das allerdings ausartete, zeigt uns ein Erlaß, der ein Jahr nach dem Tod des strengen Gouverneurs erlassen werden mußte:

Kriegs Reglement wieder die trunckenheit und das vollsaufen.

Nachdem zuverlässige nachricht eingelauffen, daß bey der garnison und wacht auf ihrer hochfürstl. Durchlaucht herzogen von Aremberg meines gnädigesten herrn schloß Aremberg wegen eingerissener vollsaufferey und trunckenheit Unordnungen entstanden seyen, auch bey denen wachten es nicht mit gehöriger regularität zugehe, so wird kraft dieses denen officieren ernstlich und zwar unter willkühriger schwärer straff biß zu entsetzung ihrer diensten und schimpflicher Verweisung anbefohlen und auferlegt, alle regularität bey ihren ambts- und der gemeinen musquetiren diensten aufs genaues! zu beachten. Derjenige aber, welcher ins künftig bey der wacht oder sonstiger seiner diensten Verrichtung einiger maßen beschuncken (= betrunken, beschwipst) erscheinen würde, soll mit achttägigem arrest in wasser und eines pfunds brodt täglich belegt werden, undbeygeendigter arrestzeit fürs erstemahl mit 60 prügelen dimit-tiert (= entlassen), zum zweytenmahl mit Verdoppelung vorgesetzter straff angesehen werden.

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Plan der Festung Arenberg mit dem Dorf Aremberg um 1682/83.

Dafern aber einer zum drittenmahl obgen. maßen erdapfet (= ertappt) würde, sollen darüber die unterofficier ihren bericht erstatten, undals-dan in ertheilung scharfferer straff ergehen solle, was rechtens. Sotten hingegen einige unter-ofticiers zeit ihres commando in etwelch merck-samer beschunckenheit (= Trunkenheit) sich betreffen lassen, so soll derselb 8 tag hindurch gemeinen musquetirs dienst, undzwarn alle tag in 24 stunden sechs stund lang zur öffentlichem wacht stehen, und dieses bey dem erstenmahl, zum zweytenmahl aber vorermelte straff ahn ihme ergehen, und dann ferner in einem 14tägi-gen arrest oberwehnter massen mit wasser und brodt continuieren, und daneben die halbscheid seiner lehnung (= Löhnung, Sold) zeit wehrender arrest einbüssen solle. Cöllen, den 24ten 9bris 1731

Stoll, Herzogl. Arenbergischer Rath und Syndicus

Ob das Reglement die Sauferei auf der Burg beenden konnte, wissen wir nicht, sicher aber hat es seine abschreckende Wirkung nicht verfehlt. - Die Namen der trinkfreudigen Soldaten, die 1731 auf der Arenburg zu wachen hatte, sind uns überliefert. Es dienten damals auf der Burg als kreissoldatesca ein Feldwebel Philipp Werner, ein Gefreiter Andreas Perizzi, ein Korporal Michael Schnorrenberg, gebürtig aus Leudersdort, ein Wachtmeister Max Nigrin, ein Tambour Johannes Marian und 14 einfache Soldaten. Alle einfachen Soldaten stammten aus dem Herzogtum Arenberg, der Herrschaft Kerpen und der Baronnie Kommern. Es waren alles „Landeskinder", die also wahrscheinlich die langen Abende in der Garnison dazu nutzten, dem Ahrwein oder dem Eifeler Birnenschnaps zuzusprechen. - Welche Folgen das allerdings für den einen oder anderen haben konnte, das zeigt der oben wiedergegebene Erlaß.

Quelle:
Herzogl. Arenbergische Archiv Enghien D 1416, D 1418