Neues Schrifttum über den Kreis Ahrweiler

Ausgewählte Neuerscheinungen und Besprechungen

zusammengestellt von Jürgen Haffke

1. Ausgewählte Neuerscheinungen

Kreis Ahrweiler/Eifel

Verbandsgemeinde Adenau

Verbandsgemeinde Altenahr

Verbandsgemeinde Breisig

Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler

Verbandsgemeinde Brohltal

Gemeinde Grafschaft

Stadt Remagen

Stadt Sinzig

2. Besprechungen

Ulrich Heibach: Sinzig. Rheinischer Städteatlas, Lfg. XI Nr. 62, Köln/Bonn 1994.

Das Heimatjahrbuch hat sich schon verschiedentlich mit den den Kreis Ahrweiler betreffenden Ausgaben des Rheinischen Städteatlas (Altenahr, Adenau, Gelsdorf, Bad Breisig, Königsfeld) befaßt. Auf diese Besprechungen sei hier ausdrücklich verwiesen (HJbAW 1991. S. 188-190; HJbAW 1994, S. 212). Wenn erneut auf ein Werk in dieser Reihe hingewiesen wird, dann hat das seinen Grund.

Im März 1995 erschien das von Ulrich Heibach bearbeitete Heft "Sinzig". Der Autor ist bereits mehrtach mit grundlegenden Arbeiten zur Geschichte Sinzigs im Mittelalter hervorgetreten (siehe z.B. HJbAW 1991, S. 77-81 undS.183/ 184; HJbAW 1995, S. 59-63) und hat auch das Mittelalter-Kapitel in der neuen Chronik des Kreises Ahrweiler verfaßt (Der Kreis Ahrweiler im Wandel der Zeit, 1993, S. 45-88, 374-378). Deshalb durfte man gespannt sein, was der an einem großen Kölner Archiv tätige Historiker und Archivar nun vorlegt.

Heibachs Leistung wird besonders deutlich, wenn man sein Heft mit anderen vergleicht. Mit 38 Seiten Text fällt die Mappe "Sinzig" gegenüber ähnlich großen Orten, denen sonst ca. 10-15 Seiten gewidmet sind, schon quantitativ aus dem üblichen Rahmen. Mit immensem Fleiß und Akribie hat er nicht nur die Sekundärliteratur ausgewertet, sondern diese durch das Studium der Quellen überprüft, korrigiert und wesentlich ergänzt. Damit stellt er eine überaus solide Grundlage für eine künftige Darstellung der Sinziger Geschichte im Mittelalter her, die man sich aus seiner Feder wünscht.

Trotz des vom Konzept der Städteatlanten vorgegebenen Zwanges zur Kürze und schematischen Behandlung des Stoffes versteht es Heibach immer wieder, längere lesbare Passagen einzufügen, die zur Bewertung der Daten und Meinungen der Literatur Stellung beziehen und auf Forschungslücken hinweisen. So ist dem Autor ein vorzüglicher Textteil des Atlaswerkes gelungen.

Der Kartenteil in den Maßstäben 1 : 2500 (Gegenüberstellung der Urkarte von 1827/28 mit der Deutschen Grundkarte 1989), 1 : 25000 (Vergleich 1808/18 und 1992), 1 : 10000 (Vergleich 1847, 1895, 1989/92) und die Zusammenstellung einiger Senkrecht - und Schrägluftbilder (1913, 1930, 1968, 1969, 1988, 1992) veranschaulichen die räumliche Entwicklung Sin-zigs in den letzten beiden Jahrhunderten. Vier historische Ansichten ergänzen die Eindrücke. Ein auf 1 : 20000 reduziertes Faksimile der "Gemeinde Karte von Sinzig", 1828 im Maßstab 1 : 10000 aufgenommen, beschließt den beachtlichen Materialteil. Zwei Anregungen seien erlaubt, etwas schon gutes noch besser zu machen.

- Der Textteil und der Kartenteil stehen für den einfachen Verbraucher, der nicht zehn Atlas-Lieferungen anderer Städte miteinander vergleichen will, beziehungslos nebeneinander. Es müßte doch möglich sein, in das Stichwortschema des Textteils ein Kapitel "Stadtentwicklung im Kartenbild" aufzunehmen, das dann eine Klammerfunktion erfüllt.

- Während die Zeitschnitte der Kartendokumente für das 19. Jh. Abstände von rund 40 bis 50 Jahren besitzen, wird das 20. Jh. nur von einem gegenwartsnahen Zeitschnitt repräsentiert. Warum dokumentiert man nicht den Stand von 1940 oder 1950? Entsprechende Berichtigungsstände derTK 25 sind doch inzwischen ebenfalls in den Landesvermessungsämtern für Reproduktionszwecke aufbereitet. Zum Ausgleich - wenn erforderlich - hielte ich in einem Atlaswerk den Verzicht auf eine Seite mit Ansichten für vertretbar, da diese zumeist schon in der Sekundärliteratur wiedergegeben sind. Jürgen Haffke

Josef Zierden: Die Eifel in der Literatur. Ein Lexikon der Autoren und Werke. Edition Eifel-Literatur-Festival und Geschichtsverein Prümer Land e.V., 1994, 292 Seiten, Abb..

Ohne Zweifel: Die anhaltende Heimathinwendung im Ressort Literatur hat ihre vorläufigen Gipfel erreicht. Auch in der Eifel, wo letztlich noch Playboy-Redakteur Volker A. Zahn nichts als "Sturheit, Biedel, Knalldeppen und Schuftigkeit" ausmachte. Dort, wo selbst Ureinwohner wie Winnens Dorfchronist Hubert Esser klagend vermuten, daß "vermeintlich gebildete Städter bei uns nach wie vor Bauernschläue gleich Intelligenz setzen", freute man sich unlängst berechtigt über den spektakulären Erfolg des ersten Literatur-Festivals in Prüm. Schirmherrin Rose Götte, Kultusministerin des Landes Rheinland-Pfalz, zu dem furiosen Start des wagemutigen Unternehmens: "Über die Eifel-Literaturwirdabdem6. November 1994 anders zu reden sein."

Das ist in der Tat so. Und zweifellos ein Verdienst von Josef Zierden (41), Mitbegründer wie geistiger Vater der zwei von starker Medienresonanz begleiteten Festwochen. Denn dem höchst agilen Dr. phil., Studienrat, Initiator plus Organisator gebührt ebenfalls als Autor und Herausgeber der Lorbeerkranz. Seine wegweisende Fleißarbeit "Die Eifel in der Literatur /Ein Lexikon der Autoren und Werke" setzt grenzüberschreitende Akzente. Was etwa der Literaturatlas NRW versprach, löst Zierdens belletristische Regionalenzyklopädie vorbildlich ein:

sie ist nicht nur erhellendes Kompendium und sachliches Gesamtbild, bietet vielmehr durch rund 300 Werkartikel fesselnde Schmökerlektüre, quer durch die literarischen Sachgebiete.

Mario Adorf, schreibender Filmstar mit Mayener Jugenderinnerungen, ist alphabetischer Aufmacher des weit über 200 Autor/innen umfassenden Portätreigens. Zum Schluß der lebensgeschichtlichen Abrisse, der Textproben und Leseempfehlungen erfährt Peter Zirbes (1825-1901), bislang überwiegend von Kennern geschätzter Dichterfreak, endlich die ihm gebührende Würdigung. Dazwischen neben Andersch, Böll, Bukowski, Goethe oder Hemingway natürlich seitenlange Reminiszenzen an die Unsterblichkeit des heftigen Landstrichs - von Nanny Lambrecht über Ludwig Mathar bis zu Clara Viebig.

Der Kreis Ahrweiler ist nicht nur durch Klassiker wie zum Beispiel Ernst Karl Plachner, Gottfried Kinkels bekannte Ahr-Hommage oder Johannes Butzbachs Maria Laacher Wanderbüchlein präsent. So erfährt sein schreibender Nachfahre Drutmar Cremer, gegenwärtig Prior der Benediktinerabtei, eine ganzseitige Würdigung. Ähnlich repräsentativ sind der in Bad Neuenahr-Ahrweiler lebende Schriftsteller Ernst-Edmund Keil und Hirschtrüffel-Poet Achim von Langwege (Kirchsahr) vertreten. Der einheimische Sagen- und Legendensammler Hans-Georg Klein fand Berücksichtigung wie die über den Kreis hinaus unvergessene Emma Trosse oder Heinrich Ruland.

Obgleich diesbezüglich nie Lokalpatriotismus die Feder führt, wird pragmatisch selbst verschollen geglaubten (Mundart-)Schreibern wie Severin Kirfel, Fritz Koenn oder des Luxemburger Epikers Nikolaus Welter gedacht. Seinen angemessenen Platz findet der neuzeitliche Nerother Wandervogel Manfred Ulrich ebenso wie die ostbelgische Gilde der wettertest sprießenden "Krautgarten"-Generation um Bruno Kartheuser.

Bleibt als einzige kritische Anmerkung, daß es bei der angekündigten Neuauflage hoffentlich erheblich weniger störende Druckfehler als Steine in dem ehemaligen Preußisch-Sibirien geben wird.

Alles in allem jedoch ein nur mit massivem Eifel-Gold aufzuwiegender Landbrockhaus. Und, gar keine Frage: Müßte man den neuen Idealtypus des Eifel-Literaturvermittlers erfinden, dann käme sowieso nur Josef Zierden dabei heraus.

Jochen Arlt