Edgar Steinborn - Fußball-Bundesliga-und FIFA-Schiedsrichter aus Sinzig

Willi Tempel

Mit dem Sinziger Edgar Steinborn hat in der Saison 1989/90 erstmals ein Schiedsrichter aus dem Kreis Ahrweiler den Sprung in die höchste deutsche Spielklasse, die Fußball-Bundesliga, geschafft. Steinborn gehört damit zu den nur 25 bundesdeutschen Unparteiischen, die zur Leitung von Bundesligaspielen berufen wurden. Auch in dieser absoluten Eliteklasse konnte sich Edgar Steinborn immer wieder durch konstant gute und konsequente Spielleitungen durchsetzen. Seit dem 1.1.1995 ist Steinborn nun als Unparteiischer auf die internationale Liste berufen worden; ab der Spielzeit 1995/96 ist er Schiedsrichter der FIFA-Liste. Dies ist das höchste, was ein Schiedsrichter überhaupt erreichen kann. Daß von einem solchen Namen durchaus auch die Region profitiert, belegt die Aussage eines RTL-Fernsehberichterstatters: „Schiedsrichter Steinborn aus der Mineralwasserstadt Sinzig".

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Edgar Steinborn (Mitte) im Einsatz beim Spiel Dortmund - Frankfurt (1995).

Edgar Steinborn ging seinen Weg als Schiedsrichter von Beginn an konsequent und geradlinig. Hierbei mußte er auch damit leben, daß Fernsehberichterstatter Spielleitungen völlig anders bewerteten als der bei jedem Spiel anwesende, speziell geschulte DFB-Schiedsrichter-beobachter. Dies sind zumeist langjährige, erfahrene Bundesliga-Schiedsrichter. Edgar Steinborn ist 38 Jahre alt und Vater des siebenjährigen Sohnes Jan. Bei dem hohen zeitlichen Aufwand für sein Hobby braucht Edgar Steinborn auch privat viel Verständnis - und dies hat Ehefrau Alice. Ansonsten wäre ein solcher Hochleistungssport, den der Spitzenschiedsrichter heute leisten muß, überhaupt nicht denkbar. Auch sein Arbeitgeber, die Remagener Firma Integral Hydraulik, hat sehr viel Verständnis für das Hobby von Edgar Steinborn.

Seine Schiedsrichterprüfung absolvierte Edgar Steinborn im April 1976. Bis dahin hatte er von der D- bis hin zur A-Jugend als Fußballer selbst gespielt. Mit 18 Jahren bekam er Interesse an der Schiedsrichterei. „Ich habe immer gedacht, was die können, kannst du schon lange", kritisierte er nicht nur, sondern setzte seine Kritik auch konkret um. Dabei ist es für Edgar Steinborn wichtig, daß man Schiedsrichter aus Spaß an der Schiedsrichterei wird und nicht zur Erfüllung des Vereinssolls betreibt. Für Edgar Steinborn ist es auch wichtig, sich bereits rechtzeitig erreichbare Ziele zu setzen. Persönlich peilte er zunächst die Verbandskiasse an, damals Landes- und Rheinlandliga. „Zu jeder Spielklasse gehört Glück, aber ohne Können geht nirgends etwas", weiß Steinborn nur zu genau. Damals wurden die Fähigkeiten des Nachwuchstalents von Horst Kaienborn, Adolf Fleischer und dem bereits jung verstorbenen Ulrich Christian früh genug erkannt und entsprechend rechtzeitig gefördert. „Die Spiel muß man aber immer alleine pfeifen", denn dabei kommt es ganz auf die Persönlichkeit es Unparteiischen an. Erfahrungen müsse man, so Edgar Steinborn, positiv, nüchtern und sachlich für sich nutzen. Überheblichkeit ist hierbei völlig fehl am Platz. Der Schiedsrichter brauche, so Edgar Steinborn, auch Zeit, um zu einer Persönlichkeit zu reifen, um dann für neue, höhere Aufgaben gewappnet zu sein.

Noch heute freuen sich die Vereine in der Kreisliga, wenn erdort, wegen seines überregionalen Pensums leider sehr selten, auftaucht. An der Basis schätzt man ihn wegen seiner Geradlinigkeit. Hier hat man schnell registriert, daß Edgar Steinborn jedes Spiel gleich ernst nimmt. Schon nach kurzerzeit, in der Saison 1977/78, erreichte Edgar Steinborn die Bezirksliga. Auch dort fielen seine Leistungen auf. In Jahresschritten schaffte er den Sprung in Landes- und Ver-bandsliga (Spielzeit 1979/80). In der Saison 1984/85 ging es weiter nach oben in die Amateur-Oberliga. Auch hier blieb Steinborn nur ein Jahr und stieg in die zweite Fußball-Bundesliga auf (Saison 1985/86). Schon drei Jahre später (Spielzeit 1988/89) gelang ihm der Sprung in das Bundesliga-Oberhaus. Als Nachwuchsschiedsrichter wurde er mit der Leitung von vier Bundesligaspielen betraut. Ab der Saison 1989/ 90 gehört Edgar Steinborn nun zu den 25 Schiedsrichtern der ersten Fußball-Bundesliga. Nunmehr ist er zehn Jahre Schiedsrichter im bezahlten Fußball. Bislang hat er jeweils 67 Spiele in der ersten und in der zweiten Bundesliga gepfiffen. Insgesamt kam er auf bislang 193 DFB-Einsätze. Vor wenigen Wochen hatte er bei der UIC-Begegnung FC Zagreb gegen den Linzer ASK seinen ersten internationalen Einsatz. Ende Juli fand in Holland ein FIFA-Einführungslehrgang mit anschließender Leistungsprüfung statt. Am 4. September leitete er das EM-Qualifikationsspiel Belgien gegen Dänemark.

Ein besonderes Erlebnis war für den Sinziger das WM-Qualifikationsspiel Israel gegen Australien, bei dem er als Linienrichter füngierte. Am Rande dieser Begegnung standen Besuche der heiligen Stätten in Jerusalem und Bethlehem auf dem Programm. Auch an das Wiederholungsspiel im DFB-Pokal zwischen Alemannia Aachen und dem SV Werder Bremen am mit 25.000 Zuschauern völlig ausverkauften Aachener Tivoli erinnert sich Edgar Steinborn sehr gerne. Die Partie endete 8:7 nach Elfmeterschießen. Für Edgar .Steinborn war dies die erste Spielleitung voreinem ausverkauften Haus. Im Laufe dieser zehn Jahre hat er fast alle brisanten Paarungen gepfiffen, zum Beispiel Lokalderbies im Westen sowie Spitzen- und Aufstiegsspiele. In der aktuellen Jahreswertung der Fachzeitung Kicker-Sportmagazin für die abgelaufene Saison 1994/95 belegt Edgar Steinborn in der Rangliste der Bundesligaschiedsrichter mit Abstand Platz eins. Zuletzt leitete er die Partie des Spitzenreiters FC Bayern München beim Tabellenzweiten Borussia Dortmund.

Edgar Steinborn ist sehr daran gelegen, nicht nur Spiele im bezahlten Fußball zu leiten. „Für mich ist es wichtig, den Kontakt zu den Mannschaften und Vereinen nicht zu verlieren, denen ich entwachsen bin", weiß er sehr genau um die Bedeutung der Basis. Diesen guten Kontakt will er auch weiterhin pflegen. Der Schiedsrichter wird in jedem Spiel von Spielern und Zuschauern sehr kritisch beobachtet und bewertet. „Alle Schiedsrichter sind Menschen und haben gute und schlechte Tage. Man muß sie daher als Menschen und nicht als Übermenschen sehen", hofft Edgar Steinborn auf mehr Verständnis für das schwere Amt. Und dann sagt er etwas ganz wichtiges: „Eine Entscheidung wird immer für eine und gegen die andere Mannschaft gefällt." Zu allem gehört eine optimale Vorbereitung, was auch heißt, daß man wie ein Sportler lebt. „Ohne körperliche keine geistige Fitneß", bringt Steinborn dies auf eine einfache Formel.

Der Aufwand bei Bundesligaspielen ist sehr hoch. Bei Spielen der ersten und zweiten Bundesliga müssen die Unparteiischen immer einen Tag vorher anreisen. Daher beansprucht ein einziger Schiedsrichtereinsatz dort auch jeweils rund 48 Stunden. Dennoch steht das Hobby nach wie vor im Vordergrund. Mit 72 Mark Spesen pro Tag hat Edgar Steinborn die Schieds-richterei im bezahlten Fußball begonnen. Heute erhalten die Unparteiischen für ihre Leistung wenigstens ein angemessenes Honorar. Dabei lassen sich Fehler, so Edgar Steinborn, sehr gut nach außen tragen, gute Leistungen hingegen, und das ist immerhin fast überwiegend der Fall, würden zu wenig anerkannt. Auch auf die Fernsehberichterstattung geht Edgar Steinborn ein. „Der Fußball lebt von seiner Spontaneität, der Diskussion über Fehler der Spieler und Schiedsrichter. Die Entwicklung ist dem Fußball nicht dienlich", spricht er auch die Sportgerichtsurteile der letzten Zeit an.

Die Pausen zwischen Spielleitungen in der Bundesliga nutzt Edgar Steinborn zur Regeneration und für die Familie. Vor allem Spaziergänge in der Region stehen im Vordergrund. Bevorzugt werden hierbei der Rotweinwanderweg und der Ahruferweg. Bei allen Erfolgen vergißt Edgar Steinborn auch die Schiedsrichter in den unteren Klassen nicht: „Sie ermöglichen dort erst Woche für Woche den Meisterschaftsbetrieb."