Alte Idylle und neue Idee: Wer derzeit durch die Eifel wandert, um dieses Panorama zu finden, sucht vergeblich. Die Burg Olbrück mit einem flachen See davor? Nur die Alten erinnern sich noch an diesen Ausblick. Doch bald soll er wieder Wirklichkeit werden. Wenn das Rodder Maar wieder zum See wird. Wie auf dem Foto aus den 30er Jahren.

Vergangenes mit neuem Leben gefüllt

Die aktuelle Chronik aus Kreis und Gemeinden

Jürgen Kempenich

Es war ein Jahr, in dem Vergangenes wiederentdeckt und neu belebt wurde. Das „Rodder Maar" wird wieder, wie es die Natur einst vorgegeben hatte, zum See'. Die Deutsche Bahn reaktivierte eine zuvor stillgelegte Strecke. Und ein Dorf machte seine lange Geschichte lebendig und sichtbar. - All diese Ereignisse stellen Schlaglichter dar, die eine Chronik zu bündeln versucht. Bemerkenswerte Ereignisse des Jahres 1996 im Kreis Ahrweiler werden in Wort und Bild festgehalten.

Das „Rodder Maar" wird wieder ein Natur-See

Ein ungewöhnliches Projekt wurde im März 1996 vorgestellt: Die mit Maaren und anderen Seen reichlich gesegnete Eifel verfügt bald über ein weiteres, etwa fünf Hektar großes, ehemaliges und demnächst wieder„neues" Gewässer. Das „Rodder Maar" bei Niederzissen im Brohltal wird renaturiert und damit in seinen natürlichen Zustand zurückversetzt. Es handelt sich um ein in Rheinland-Pfalz einzigartiges Vorhaben der Landespflege.

Dabei ist das „Maar" derzeit gar kein Gewässer. Möglicherweise ist es noch nicht einmal vulkanischen Ursprungs und damit geologisch überhaupt kein Maar. Vor rund 100.000 Jahren entstand ein trichterförmiger Kessel, der sich nach und nach mit einer bis zu 15 Meter dicken Tonschicht füllte und dadurch wasserundurchlässig wurde. Im Lauf der Geschichte erlebte dieses Areal ein Wechselspiel von Be- und Entwässerung, landwirtschaftlicher Nutzfläche und Wald. Wenn es jetzt wieder bewässert wird, hat dies mehrere Vorteile: Der für den Naturhaushalt wenig wertvolle Fichtenwald wird entfernt, statt dessen entsteht an gleicher Stelle ein artenreiches Feuchtbiotop.

Landrat Joachim Weiler begrüßte das Projekt „als ein weiteres Schmuckstück des Brohltals und als einen zusätzlichen Mosaikstein unserer Gesundheits- und Fitneßregion Kreis Ahrweiler." Weilers Dank richtete sich an die rheinlandpfälzische Umweltministerin Klaudia Martini. Mainz stellt für die Renaturierung des Gewässers 565.000 Mark bereit und wird Eigentümer dieses Projekts, dessen Träger der Kreis Ahrweiler ist. Im Laufe des Jahres 1996 wurden bereits erste Bodenproben genommen sowie die wasser- und forstrechtlichen Genehmigungen beantragt. 1997 soll die Rodung des ökologisch minderwertigen Fichtenwaldes beginnen.

Selbst für Einheimische kaum zu finden ist das Rodder Maar,
das heute mit einem dunklen, ökologisch geringwertigen Fichtenwald bewachsen ist.

Ein Blick in die Geschichte: Die Existenz des Maares zwischen Niederzissen-Rodder und Niederdürenbach wird erstmals 1796 in einer Karte der Herrschaft von Olbrück erwähnt. Um 1840 litten die Menschen in der Eifel unter Mißernten und Bevölkerungszuwachs. In dieser Notzeit galt es, landwirtschaftlich nutzbare Flächen urbar zu machen; das „Maar" wurde durch einen Ablaufgraben trockengelegt und die Fläche zum Ackerbau hergerichtet.

Wegen des feuchten Tonbodens, der daraus folgenden schlechten Ernte und der Entfernung von den Ortschaften wurde die Senke 20 Jahre später wieder bewässert. In der nächsten Notzeit nach dem Ersten Weltkrieg wurde sie bis 1926 erneut trockengelegt und diente als Viehweide. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung ließ man sie 1935 wieder vollaufen. In den Hungerjahren nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Menschen wieder auf Weideland angewiesen. Zum Ärger der Jugendlichen, die den See als winterliche Schlittschuhbahn schätzten, wurde das Areal 1948 erneut ausgetrocknet.

Seit 1985 gibt es Bestrebungen, die Wasserfläche wieder herzustellen. Vor allem der Eifelverein und die Verbandsgemeinde Brohltal hatten sich nachdrücklich für die Renaturierung eingesetzt. Der Natur kann dies nur recht sein: Der 35jährige dichte und dunkle Fichtenforst ließ im Inneren des Areals kaum Pflanzen gedeihen. Der Wald sei „durch starke Beschattung, Rohhumusauflage und Bodenversauerung aus floristischer und faunistischer Sicht sehr artenarm und daher als ökologisch geringwertig zu bezeichnen", schrieb die Kreisverwaltung Ahrweiler in einem Gutachten. Durch das Abholzen des Fichtenwaldes und die Wiederbewässerung werde eine Beeinträchtigung des Naturhaushalts wieder rückgängig gemacht und das ehemals artenreiche Feuchtbiotop wiederhergestellt. Fazit der Kreis-Landespfleger: Die Renaturierung bewirkt ökologisch eine Aufwertung und stellt optisch eine Bereicherung der Landschaft dar. In zwei bis drei Jahren etwa können Wanderer und Naturfreunde einen neuen alten Ausblick genießen: Hinter der hochgelegenen Wasserfläche des Rodder Maares erhebt sich im Westen die Burg Olbrück - vor allem bei Sonnenuntergang ein imposantes Panorama.