600 Jahre Kirmes in Königsfeld

Karl Heinz Kurth

Die Königsfelder Kirmes, die heute 10 Tage nach Fronleichnam stattfindet, hat eine lange Tradition. In einem Schiedsvertrag zwischen Friedrich Herrn zu Tomberg und zu Landskron und dessen Sohn Gerhard einerseits und Gerhard von Einenberg Herrn zu Landskron und dessen Sohn Johann andererseits wird 1397 die Königsfelder Kirmes zum ersten Mal erwähnt. In dem Vertrag vom 20. Mai 1397 wird festgelegt, daß beide Linien (Familien) ihre Kirmes zu Lohrsdorf und zu Königsfeld zusammen hüten und bewahren.1)

Wie und in welcher Form die Kirmes 1397 gefeiert wurde, kann nur vermutet werden. Abgeleitet ist „Kirmes" von Kirchmesse. Dieses Fest wird in Erinnerung an die Kirchweihe gefeiert: „Die kirchliche Erinnerungsfeier wird jedoch bereits im Mittelalter vom weltlichen Treiben überlagert: um 1200 ist zum Beispiel im Kölner Raum aus der Kirchweih längst ein Volksfest geworden mit Vollere! und Sauferei, mit allem Überschwang."2)

In Königsfeld könnte es ähnlich gewesen sein. Vermutlich waren Schützen3) und Weplinge4) von Anfang an dabei und ermittelten in einem Schießwettbewerb mit Armbrust5) und Pfeilen den besten Schützen. Sehrwahrscheinlich wurde die Kirmes mit dem 1336 erstmals erwähnten Jahrmarkt6) gemeinsam gefeiert. Der Jahrmarkt wurde auf dem Platz vor und oberhalb der Kirche und auch wohl in den angrenzenden Gassen abgehalten. Als Zeichen des königlichen Marktfriedens stand dort ein hohes Kreuz, an dem eine eiserne Hand und ein Schwert hingen, die den Schutz des Marktes durch den Stadtherren symbolisierten.7) Eindeutige Belege über die Kirmes auf dem Jahrmarkt liefert eine Urkunde aus dem Jahre 1743. Darin heißt es: Im Jahre 1743 wird die Kirmes am ersten Sonntag im August erwähnt; der Termin war der Sonntag vor Laurentius, dem Tag des Jahrmarktes; 1762 wird derselbe Termin erwähnt.8) Später wird dieser Termin als der Tag an dem die Junggesellen auch ihr Schützenfest feierten überliefert.

Kirmes im 19. Jahrhundert

Um 1820 stellt der Junggeselle Mathias Schmitt den Junggesellen sein Grundstück neben dem heutigen Wohnhaus Reuter, an der Neuenahrer Straße gelegen, als Schützenplatz zur Verfügung. Er gestattete ihnen hier, solange er lebte, den Vogel zu schießen.9' 1848 werden drei Vieh- und Krammärkte in Königsfeld genannt, von denen einer am Dienstag nach Fronleichnam stattfand. Einige Jahre später zogen die Junggesellen mit ihrer Fahne zum Schützenplatz an der Neuenahrer Straße, um den Vogel von der Stange zu schießen. Die Fahne legten sie währenddessen auf eine „Schanzenbahr". Als der damalige Pfarrer Theisen vorbeiging, kam es zu einer Auseinandersetzung. Der Pfarrer wollte die Fahne in die Kirche zurückbringen lassen, doch die Junggesellen ließen sich das nicht sagen, und so blieb die Fahne „auf dem Schanzenbahr" liegen. Der Pfarrer, darüber in Wut geraten, verschloß die Kirchentür. Daraufhin mußte die Fahne neu geweiht werden. So geschah es auch 1885 mit einer neuen Fahne, als an der Sinziger Straße der Kirmesknochen begraben werden sollte und einige nicht sehr fromme Lieder gesungen wurden, woran der Pfarrer wieder Anstoß nahm.

Das Kirmesfeiern im 20. Jahrhundert

In den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts wurde die Kirmes folgendermaßen gefeiert. Vor der Kirmes übten die Junggesellen den Parademarsch, „ob am Säfendall" (Sinziger Straße)10). Diese Gefällstrecke glich der Dortstraße. Sonntags begann die Kirmes mit einem Festzug durch das Dorf. An erster Stelle marschierte der Tambourmajor, genannt „Tambourhannes"; dahinter schritten zwei Männer mit Trommeln.

Die Musiker kamen aus den Reihen der Junggesellen, ihnen folgten die Fahnenträger mit der Fahne, der Hauptmann und die Offiziere mit den übrigen Junggesellen. Auf dem Kirmesdamm (früher Kirmesplatz) stand ein Kettenkarussell, das von einem Kind von innen geschoben wurde. Abends wurde die Kirmes in einem der zwei Säle im Dorf gefeiert. Die Leute brachten teilweise ihre Getränke selber mit und zahlten dafür Stopfengeld an den Wirt. Während eines Tanzes erschien eine Person mit einem Hut und verlangte von jedem, der tanzen wollte, einen Tanzgroschen, womit die Musikanten bezahlt wurden.11) Auch wird von allerlei Schabernack berichtet. Als in einer Kirmesnacht die Junggesellen aus dem Saale Fleischer („Porze") von „der Musik" kamen, stellten sie das Karussel in den Königsbach.12)

Das Königsschießen wurde auf dem Schützenplatz im Graben abgehalten. Dabei wurde am Morgen des Kirmensmontags der Königsvogel mit noch selbstgegossenen Kugeln von der hohen Stange geschossen. Wenn auch der Rückschlag der Großen Büchse seine Wirkung nicht verfehlte, und besonders die Wangen der Jüngsten in Mitleidenschaft gezogen wurden, so freute doch der sich besonders, der den Vogel schließlich von der Stange schoß. Nach dem Schießen wurde der neue Junggesellenkönig der Bevölkerung vorgestellt. „En de Schnackejass", heute Hauptstraße, nahm der König die Parade ab, die die Junggesellen die steile Dorfstraße „hinaufschlagen" mußten. Abends fand dann der Königsball auf dem Saal statt. Am Dienstag nach Ende der Kirmes wurde der Kirmesknochen an der Sinziger Straße hinter der Maternuskapelle begraben.

Im Jahre 1938 wurde die Kirmes wegen der Maul- und Klauenseuche in den September verlegt und 1939 wurde die letzte Kirmes vor dem Krieg gefeiert. Zu diesem Zeitpunkt fanden schon keine Paraden und kein Königsschießen mehr statt.

Nach dem Kriege mußte die Kirmesveranstaltung bei der Militärregierung beantragt werden. In einer Mitteilung der Militärregierung des Kreises Ahrweiler an den Junggesellenverein in Königsfeld heißt es: „Die Prozession der Junggesellen von Königsfeld zwischen'der Gemeinde Königsfeld gelegentlich der Kirmes am 15.6. und 16.6.47 um 15.00 Uhr und die Abendgesellschaften mit Tanz in der Gastwirtschaft des Herrn Joh. Fleischer in Königsfeld am 15., 16. und 17. Juni 1947 bis 2 Uhr sind genehmigt unter dem Vorbehalt, die in Kraft befindlichen Bestimmungen zu beachten."13)

Kirmesparade.gif (51373 Byte)

Kirmesparade vor den Königen in der Hauptstraße von Königsfeld, um 1950.

Im Jahre 1948 wurde - infolge des allgemein großen Mangels - die Kirmes vom Juni, dem Monat der Währungsreform, auf den 10. August verlegt. Kirmes 1951 fand zum ersten Mal nach dem Krieg wieder ein Königsschießen statt, allerdings nur auf Ringe an der Schießbude. Junggesellenkönig wurde Walter Michels, zum Schützenkönig ernannten die Schützen Toni Zepp; der Junggeselle Peter Kurth schoß für ihn den König. Im Jahre 1952 wurden die Könige zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem Schützenplatz geschossen. Bis in die sechziger Jahre war sonntags, montags und dienstags Kirmes. Auch wurden die Mädchen des Dorfes jeweils montags mit dem Festzug am Nachmittag abgeholt. Im Jahre 1971 wurde zum ersten Mal ein Festzelt an der neuen Schule aufgestellt.

Kirmes heute

Heute findet die Kirmes 10 Tage nach Fronleichnam statt. Sonntags vor der Kirmes wird für die Parade14) auf dem Brüht geübt, dessen Gefällstrecke der der Dorfstraße ähnelt. Als einzige Steilparade im Kreis Ahrweiler hat die Königsfelder Parade schon eine lange Tradition und muß besonders geübt werden. Am Dienstag vor Kirmes wird das Zelt angeliefert und auf dem Festplatz neben dem Bürgerhaus aufgebaut. Die Kirmes wird am Freitagabend mit einer Disco eröffnet. Samstagabends ist Tanz, Am Sonntagmorgen um 6 Uhr beginnt das Wecken durch die Kapelle Seul-Fuchs. Um 9 Uhr formieren sich die Junggesellen zum gemeinsamen Kirchgang mit Gefallenenehrung. Anschließend halten sie und die Schützen vor den Majestäten aus dem Vorjahr ihre traditionelle Parade ab. Dieses fast militärische Schauspiel erfreut sich in Königsfeld großer Beliebtheit. Die Junggesellen werden angeführt von ihrem Hauptmann und einem Oberleutnant. Neben einem mit Federn geschmückten Admiralshut, einer grünen Uniformjacke und einer weißen Hose gehört auch ein Säbel zur Uniform des Hauptmanns und seines Oberleutnants. Die übrigen Junggesellen kommen in weißer Hose, weißem Hemd und seit 1986 mit historischen, weinroten Baretts, wie sie wohl zur Zeit der Stadtrechtsverleihung an Königsfeld 1336 von den Weplingen getragen wurden.15) Danach schwenkt der Fähnrich das Fähndel. Nach dem Festzug folgt im Festzelt ein Frühschoppen mit Blasmusik der Kapelle Seul-Fuchs, der sehr gut besucht wird. An diesem Abend wird dann noch einmal zum Tanz aufgespielt. Haupttag ist natürlich der Kirmesmontag. Nach einer gemeinsamen Messe ziehen die Schützen und die Junggesellen zum Königsschießen auf den Schützenplatz im Wolfsgraben. Die Junggesellen schießen heute mit dem Kleinkalibergewehr auf einen Holzadler und die Schützen mit einer schweren Büchse. Wenn die Könige ermittelt sind, werden sie in einem Festzug der Öffentlichkeit vorgestellt. Anschließend nehmen die Könige und der Pfarrer die Parade ab, bei welcher seit 1983 die aus ehemaligen Junggesellen bestehende Bürgerwehr mit weißem Hemd, schwarzer Hose und einem Holzgewehr in der Hand besonders exakt paradiert. Abends findet im Festzelt zu Ehren der Könige ein Königsball statt. Dienstags wird das Festzelt abgebaut. Im Jahre 1986 wurde anläßlich der 650 Jahrfeier des Junggesellenvereins die Wepelingge-sellschaft Königsfeld neu gegründet. Sie ist die einzige Wepelinggesellschaft in ganz Deutschland. 600 Jahre Kirmes in Königsfeld wird im Jahre 1997 von der Gemeinde und den Vereinen mit einer historischen Kirmes und einem Kirmesmarkt gefeiert.

Anmerkungen:

  1. Frick/Zimmer. Quellen zur Geschichte der Herrschaft Landskron an der Ahr, Erster Band. S 247. Nr. 644. 1966.

  2. Michael H. Faber. Kirmestreiben. Ein Rhein Landfest S 8. Landschaftsverband Rheinland. Köln 1990.

  3. Vgl. Egbert Luley, 750 Jahre Pfarrgemeinde St, Nikolaus. 500 Jahre St. Hubertus Schützen zu Königsfeld. Königsfeld 1978. bes. S. 9. Auf einer Rechnung aus dem Jahre 1492, die im Archiv der Stadt Ahrweiler aufbewahrt wird, werden die Schützen aus Königsfeld als Gäste bei einem Schießspiel aufgeführt

  4. Vgl. Gemeinde Königsfeld. Hrsg.. Die Junggesellen pflegen die alte Wepelings-Tradition. Königsfeld aus der Geschichte eines Eifelortes, bes. S. 253-258, Der heutige Junggesellenverein sieht sich in einer historischen Tradition, beruft er sich doch auf „Wepelinge". jene Kappen, die die Gefolgschaft eines Ritters bildeten, bis sie selbst Ritter wurden, In den Quellen der Landskron finden sich viele Wepeling Belege

  5. Vgl. Heinz Schmalz, Beschaffung und Verzehr von Speis und Trank im Ahrkreis, Sinzig 1995, bes. S, 10 und 11 In den Inventarverzeichnissen der Burgen Landskron und Tomburg treten erstmals gegen 1467 und 1474 Steinschloßbüchsen, Handbüchsen sowie Schießpulver auf. Die Burg Tomburg hatte damals zu einer Verteidigung schon viele Feuerwaffen aber auch noch Armbrüste und 16.000 Pfeile dazu. Für die Burg Landskron wurde 1443 noch eine heue Armbrust für 2 oberländische Gulden gekauft.

  6. Vgl. Frick/Zimmer. Quellen zur Geschichte der Landskron an der Ahr, Erster Band, Seite 118, Nr. 327. Alle. die den Jahrmarkt besuchen und „bewohnen", nimmt der Kaiser Ludwig der Bayer in seines Reiches besonderen Schulz und Schirm.

  7. Karl Heinz Kurth, Königsfelder Märkte, Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler. 1996.

  8. Peter Neu, Rheinischer Städteatlas. Königsfeld, Lieferung X. Nr. 55, Seite 8. Nr. 2, 1992.

  9. Karl Heinz Kurth. Königsfeld und seine Junggesellen. 650 Jahre seit Verleihung der Stadtrechte, Geschichte der Stadt und der Burschenschaften 1986 

  10. Karl Heinz Kurth, Wettkampfbrauchtum der Junggesellen in der Eifel. Eifel Jahrbuch 1990.

  11. Kirmes in Königsfeld. Gedanken und Erinnerungen an das schönste und traditionsreichste Fest des Dorfes. 1992. 

  12. 160 Jahre Gasthaus Fleischer Königsfeld, 1985. 

  13. Chronik des Junggesellenvereins „St. Martin" zu Königsfeld. 1988. 

  14. Paraden werden von Junggesellen durchgeführt in Ahrweiler, Lantershofen, Löhndorf.

  15. Karl Heinz Kurth. Junggesellenbrauchtum in Königsfeld. Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1987.