50 Jahre Spielbank Bad Neuenahr

Von der goldenen Roulettekugel 1948 zum Goldjubiläum 1998

Gerrit Mitter

Anfänge der Erfolgsgeschichte

Daß für eine Spielbank „Zero", die Null, schon immer von besonderer Bedeutung war, ist hinlänglich bekannt. Außergewöhnlich dagegen ist, daß die Spielbank Bad Neuenahr ihrer Geburtsstunde vielen Nullen zu verdanken hat. Wenn auch nicht im Roulettekessel: Als der ehemalige U-Boot-Kommandant Wilhelm Bloser 1946 das Bürgermeisteramt in Bad Neuenahr übernahm, suchte er ganz tief in der Kasse der Stadt, fand in den Büchern aber nur Nullen.

Ohne Geld aber konnte er als Stadtoberhaupt und Kurdirektor Stadt und Kurbetrieb nicht flott machen. Hilfe kam durch den Konzessionär der Zoppo-ter Spielbank, Richard Foerster. Der spätere erste Direktor der Spielbank Bad Neuenahr suchte in der Nähe Bad Godesbergs einen geeigneten Standen für ein Spielcasino. Bloser erkannte mit scharfem Seemannsblick und weitem Horizont die große Chance. Er bot Bad Neuenahr als Standort an. stellte als cleverer Bürgermeister und Kurdirektor aber gleichzeitig die Bedingung. daß die Stadt und die Aktiengesellschaft Bad Neuenahr an den Erträgen beteiligt würden.

Wer ahnte damals, daß seine weitblickende Strategie bis jetzt nach einem halben Jah-hunden etwa 13 Millionen Besucher in die Spielbank an der Ahr führen würde. Genauso erstaunlich sind die Gelder. die aus der Spielbankabgabe an das rheinland-pfälzische Finanzministerium in Höhe von 87 Prozent des Bruttospielergebnisses flössen: Von 1949 bis 1997 sind es 1,6 Milliarden Mark von den Spielbanken Bad Neuenahr und Bad Dürkheim. Mittel, die zum großen Teil wieder in die Stadt und die Region zurückgelangten.

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Die Spielbank Bad Neuenahr im Jahre 1950.

1948: Konzession und Eröffnung

Das junge Bundesland erteilte am 25. August 1948 der „Kasino Bad Neuenahr Foerster & Co. KG" die Konzession. Eine „Zehn" war es schließlich, in deren Fach im Roulettekessel die erste und goldene Kugel bei der Eröffnung der Spielbank am 15. Dezember 1948 fiel. Nicht ohne anfänglichen Widerstand in der Bevölkerung übrigens, denn Bürgermeister Bloser mußte bei einer Bürgerversammlung Überzeugungsarbeit leisten, zeigte aber beredt die wirtschaftliche Bedeutung der Spielbank für den Ort und das Heilbad auf. Störrisch zeigte sich aber anfangs auch der Stadtrat. Doch Bloser konnte eine Sonderklausel präsentieren. Diese garantierte der Stadt im ersten Jahr aus der Spielbankeinnahme 40.000 Mark. Und man staunte in der Stadt: Schon am Eröffnungstag klingelten 4000 Mark aus diesem Abgabenanteil in der Stadtkasse. Auch die Aktiengesellschaft soll die Dezembergehälter 1948 aus den unverhofften Einnahmen aus der Spielbank gezahlt haben.

Zur Eröffnung lief das Große Spiel in fünf Sälen mit sieben Roulette- und drei Baccaratischen. 140 technische Angestellte, Saalchefs, Spielleiter und Croupiers sorgten für einen einwandfreien Spielablauf und -service. Zum folgenden Pfingstfest wurde der heute noch sichtbare ausladende An- und Überbau an der Ahr für die Erweiterung des Spielbetriebes fertig.

Besucher/Anekdoten

Und schon am 3. September 1949 wurden dem 100.000. Besucher Blumen überreicht. 37 Jahre später begrüßte am 9. September 1986 der damalige Technische Direktor Karl Schmitz eine Kölnerin als zehnmillionste Besucherin. Eine kaum vorstellbare Zahl von Gästen und Freunden des Hauses mit unterschiedlichsten Herkünften. Berufen und Eigenarten, die manches Anekdötchen produzierten. So wie etwa der angesehene Fabrikant, der an vielen Samstagabenden sein Glück versuchte, aber an der Rezeption immer als Neuaufnahme behandelt werden wollte, wo man das kuriose Spielchen lächelnd mitmachte. Des Rätsels Lösung: Der Schwerenöter erschien jedesmal in anderer attraktiver weiblicher Begleitung. Und der Dame hatte er dann immer erzählt, daß er noch nie in einer Spielbank gewesen sei.

Ein anderer Gast ließ grinsend in die obligatorische Karteikarte unter Beruf „Sekretär" eintragen. Was zumindest teilweise stimmte, wie sich später herausstellte: Er war „Staatssekretär", der inkognito bleiben wollte. Und da war auch die Marktfrau aus Köln. Sie spielte gleichzeitig an mehreren Tischen und annoncierte ihren Einsatz weithin hörbar mit „Ming Spill mit dem Jedöns da oben". Womit sie ihre Stammzahlen im ersten Dutzend meinte. Sie hieß unter den Croupiers schlicht die „Frau Jedöns". Denn wenn in der Spielbank die Anonymität auch immer bewahrt bleibt, so schließt das die Herzlichkeit doch nie aus.

Zur Gründungszeit

Zurück zum Start ins Gründungsjahr. bevor es das erstemal hieß. „Bitte das Spiel zu machen". Der langjährige Geschäftsführer des Kur- und Verkehrsvereins Bad Neuenahr, Wolfgang Künstler, berichtet in seiner Festschrift zum 30jährigen Bestehen der Spielbank 1978 unter anderem von einer gleichermaßen amüsanten, wie aber auch bezeichnende Episode für die Gründenage des Unternehmens.

Richard Foerster als erster Direktor der Spielbank, wünschte alle Herren des Eröffnungsbaues im Kurhaussaal im Frack zu sehen. Bürgermeister Wilhelm Bloser verfügte aber so kurz nach der Währungsreform nur über ein schmales Salär von 400 Mark und schon gar nicht über diese geforderte Abendgarderobe. Der Spielbankchef half aber aus der prekären Lage, ließ auf Kosten der Bank den Frack anmessen. Und sogar zwei Frackhemden stellte Foerster zur Verfügung. Die dem Bürgermeister aber zu groß waren und von seiner Frau mit zwei großen Falten am Hals schnell und geschickt passend genäht wurden.

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Französisches Roulette in der Spielbank Bad neuenahr, 1948

Gründung von Filialen

Die junge Spielbank drohte wohl nicht aus den Nähten zu platzen, entwickelte sich aber sehr hoffnungsvoll. Am 13. September 1949 eröffnete das Unternehmen die Filiale in Bad Dürkheim und hatte schon am 4. Juni des Jahres die Spielbank Westerland mitgegründet.

Werbung

Die Spielbank an der Ahr rührte schon damals kräftig die Werbetrommel für die Stadt und die Region. Monatlich gab sie eine gemeinsame „Casino-Zeitung" für Bad Neuenahr. Bad Dürkheim und Westerland heraus. Die Geburtstagsausgabe zum zweijährigen Bestehen wurde mit Artikeln in Englisch, Französisch und Holländisch dem mittlerweile schon internationalem Charakter der Spielbank an der Ahr gerecht. Die Casino-Posiille lag sogar als Reiselektüre in den Maschinen der Königlich-Niederländischen Luftverkehrsgesellschaft aus. Der erste Pressechef der Spielbank hieß übrigens Irnfried Freiherr von Wechmar und war der Vater des späteren Botschafters der Bundesrepublik Deutschland bei der UNO in New York.

Die Deutsche Bundesbahn erkannte die Bedeutung der Spielbank in Bad Neuenahr, setzte damals eine roten bequem gepolsterten Sondertriebwagen ein. Außer dem „Casino-Express" beförderten auch casinoeigene Buslinien Fortunas Freunde in die Badestadt. Wegen des hohen Anteils von Ausländern unter den Spielbankbesuchern genehmigte die Bank Deutscher Länder sogar einen Wechselschalter.

Spielbank und Kur AG Bad Neuenahr

Spielbank und AG Bad Neuenahr waren immer eng miteinander verbunden. 1965 trat der damalige Direktor Otto-Karl Kunkel in den Aufsichtsrat der AG ein. Und erwarb die Spielbank vier Jahre später auch die Aktienmehrheit der AG.

Meilensteine der Entwicklung

Schon 1951 war der Berliner Gustav Jaenecke zum Verwaltungsdirektor der Spielbank Bad Neuenahr berufen worden. 1975 wurde er zum Generaldirektor ernannt, war lange Jahre zusammen mit Otto-Karl Kunkel Geschäftsführer. Das Amt Jaeneckes übernahm 1985 Professor Burger. Am 1. Januar 1986 folgte ihm der Diplomkaufmann und Diplomvolkswirt Bert Hanken in der Leitung. Er war bereits von 1975 bis 1980 in Bad Neuenahr tätig, führte dann die Geschäfte der Spielbank Bad Dürkheim. Und ist heute allein vertretungsberechtigter Geschäftsführer der Spielbank Bad Neuenahr. Zu einem denkwürdigen Ereignis in der Stadt an der Ahr wurde der 30. Geburtstag.

Das Casino verloste im Dezember 1978 einen quittengelben Golf. Wegen des riesigen Besucherandrangs mußte die Spielbank wegen Überfüllung sogar ihre Türen schließen. Das Unternehmen machte sich selbst ein Geburtstagsgeschenk: eine 1,2 Millionen Mark teure Klimaanlage mit energiesparender Wärmerückgewinnung. War es 30 Jahre zuvor noch ein großes Problem gewesen, überhaupt geeignete Roulettemaschinen für den Handbetrieb zu schaffen, so eröffnete die Spielbank 1978 den Automatensaal.

Ein besonderer Tag war auch der 8. Januar 1981. Drei Millionen Mark kostete der vollständige Umbau und die Neugestaltung des Casinoinnern. Was dabei geleistet wurde, sah die Bevölkerung bei einem ersten Tag der offenen Tür.

1984 verzeichnete die Spielbank Bad Neuenahr einen Rekord ganz besonderer Art: Ein Gast aus Belgien gewann 1,4 Millionen Mark. Im selben Jahr führte die Spielbank das "American Roulette", die einfachere und schnellere Variante des klassischen französischen Roulettes, ein. Ein Meilenstein war der l. Januar 1986: Die hemmende Bannmeile von fünf Kilometer um die Spielbank wurde aufgehoben, auch die Bürger der Kreisstadt durften endlich ein Spiel wagen. Das neue Spielbankgesetz setzte das Min-desteintrittsalter von bislang 21 Jahre auf 18 Jahre herab. Einen ungewöhnlichen Tag, aber eigentlich mehr Morgen, erlebte die Spielbank am 31. Januar 1986. Spielbankchef Bert Hanken hatte die Idee, den Bürgern nach Umbauarbeiten und dem Wegfall der Bannmeile die Spielbank bei einem Tag der offenen Tür auch einmal im bislang me'ist unbekannten Inneren zu zeigen. Da der Spielbetrieb schon um 14 Uhr beginnt, wurde der Tag der offenen Tür eben zu einem „Morgen der offenen Tür" gestaltet. Der bislang einmalig in der Stadt blieb: 800 Bürger frühstückten morgens um 6 Uhr gemeinsam an üppig gedeckten Tischen, besichtigten so gestärkt zur noch dunklen Morgen- und kalten Winterszeit die Spielbank.

Zum 40. Geburtstag schlössen 1988 in der Spielbank millionenschwere Umbauten ab. Mit sichtbaren Änderungen: die neue Zentralkasse, ein sich automatisch öffnender Eingang, ein Fahrstuhl zwischen Parterre und Spielsäle, ein vergrößerter Automatensaal, eine umgestaltete Casinobar und schließlich die neue attraktive Casino-Passage.

Die Verlängerung der Konzession durch das Mainzer Innenminsterium im Jahre 1991 sicherte die Spielbank und ihre 200 Mitarbeiter mindestens bis ins Jahr 2010 ab. Um auch ihre Attraktivität weiter auszubauen, erweiterte das Unternehmen das Spielangebot 1995 um das Kartenspiel „Punto Banco", das in Deutschland noch keinen Vergleich kennt. Und 1997 führte das Casino als erste deutsche Spielbank das „RouLite" ein, eine vereinfachte, aber sehr flotte Variante des Roulette. Ein bequemer und zudem preisgünstiger Service für die Spielbankbesucher ist das 1993 erbaute Parkhaus für mehr als 700 Personenwagen in unmittelbarer Nähe des sich weit öffnenden Casinoportals.