Aus der Geschichte von Wershofen

Vor siebzig Jahren wurde die „Neue Schule" eingeweiht

Peter Weber

Die gesellschaftliche Entwicklung und die Veränderungen auf allen Lebensgebieten machten auch vor der Schule nicht Halt. Man strebte Verbesserungsmöglichkeiten und Erleichterungen auch in der schulischen Situation auf dem Lande an. Das bedeutete für das Schulwesen im heimischen Raum den Wegfall vieler Dorfschulen seit den 1960er Jahren. Durch die Bündelung der Klassen an zentralen Schulstandorten sollte eine bessere Schul- und Lernsituation für die Kinder erreicht werden. So besuchen die Kinder von Wershofen ab dem 5. Schuljahr seit nunmehr fast 30 Jahren u. a. die Hauptschule in Adenau und andere weiterführende Schulen.

Zu den Nachteilen dieser Neuorganisation des Schulwesens im ländlichen Raum gehört, dass die Schüler mit Schulbussen zu ihrer Schule gefahren werden müssen und dadurch oft lange unterwegs sind. Die Vorteile dagegen überwiegen. Schüler unterschiedlicher Dörfer lernen sich in der Schule kennen und verstehen, Fachlehrer können moderne Lehr- und Lernmittel in den größeren Schulen effizienter einsetzen. Ohne sie ist heute ja kein zeitgemäßer Unterricht möglich. Man denke u. a. nur an den Einsatz moderner Medien, an Computer im Unterricht, deren Kenntnis und Beherrschung im beruflichen Leben der Schüler heute unverzichtbar ist.

Anfänge des Schulwesens in Wershofen

Es war allerdings im ländlichen Raum ein weiter Weg bis dieser Stand erreicht wurde. Nachfolgend soll ein Blick in die Schulgeschichte diese Entwicklung anhand einiger Stationen verdeutlichen.

„Alte Schule" Wershofen mit dem Schaukasten für Bekanntmachungen

Im Herzogtum Arenberg ordnete Fürstin Margaretha (1527-1599) bereits 1593 eine schulische Unterweisung der Jugend an. Das hatte damals, als Pfarrer oft die Einzigen waren, die lesen und schreiben konnten, eine große Bedeutung für die Landbevölkerung. Der Fürstin ging es darum, durch Aufklärung und Erneuerung des religiösen Lebens dem Aberglauben und Hexenwahn zu begegnen. Die Pfarrer wurden verpflichtet, an Sonn- und Feiertagen Vesper zu halten und danach die Kinder nach dem Katechismus des Jesuiten Petrus Canisius zu unterweisen. Den Eltern drohte die Fürstin Strafe an, wenn sie sich den Anordnungen zur Erziehung ihrer Kinder widersetzten.

Über die Entstehung des eigentlichen Schulwesens in Wershofen ist nur wenig bekannt. In der Pfarrchronik wird eine alte Schule schon im 18. Jahrhundert erwähnt.

Rohbau der neuen Schule Wershofen, 1928/29

Im 19. Jahrhundert lag die alte Dorfschule direkt an der Hauptstraße in unmittelbarer Nähe der Kirche. Einen geräumigen Pausenhof gab es nicht bei diesem Gebäude. Hierzu diente manchmal auch die Straße. Im Erdgeschoss hatte das Schulgebäude ein Klassenzimmer für die Unterstufe und eine kleine Lehrerwohnung. In der ersten Etage befand sich der Unterrichtsraum für die Oberstufe. Beide Klassenräume wurden im Winter durch große guss-eiserne Öfen beheizt. Mein Vater (1878-1960) hat mir erzählt, dass noch zu seiner Schulzeit ein Schuster unterrichtete, der während des Unterrichts Schuhreparaturen durchführte.

Plan eines Neubaus

Wegen der drängenden Raumprobleme regte die Regierung in Koblenz bereits im Jahre 1909 den Neubau einer Schule in Wershofen an. Im Jahre 1911 beschloss auch die Gemeindevertretung, eine neue Schule zu bauen. Als Bauplatz war das Gelände am Turnplatz unterhalb des Dorfes vorgesehen. Die Baukosten sollten 36.000 bis 40.000 Mark betragen. Durch den Ersten Weltkrieg zerschlugen sich diese Pläne allerdings und unmittelbar nach dem Krieg hatte man andere Sorgen. Die Kassen waren leer und der Bau einer Wasserleitung für das Dorf war längst überfällig. Auch wurde erst der Bau der Straße ins Ahrtal durchgeführt, die Wershofen dem Verkehr erschloss und die 220.000 Mark kostete.

Bau der neuen Schule

Schließlich wurde am 13. April 1928 die Errichtung eines neuen Schulhauses beschlossen. Kommissare des Regierungspräsidenten hatten zuvor eine Ortsbesichtigung vorgenommen. Der eilig einberufene Gemeinderat stimmte dem unterbreiteten Plan zu. Als Bauplatz wurde das Gelände neben dem Pfarrhaus vorgesehen, nachdem der damalige Pfarrer Kröll und der Kirchenvorstand die Genehmigung dazu erteilt hatten.

Der Kostenvoranschlag für das neue Gebäude belief sich auf 69.000 Mark. Am 2. September 1928 erfolgte die Grundsteinlegung. Nach einem guten Jahr Bauzeit fand am 8. Dezember 1929 die feierliche Einweihung des Hauses unter großer Anteilnahme von Behördenvertretern und der Bevölkerung statt. Ein zeitgenössischer Bericht schildert anschaulich den Ablauf der Feier.

Einweihung

In der Adenauer Zeitung vom 11. Dezember 1929 war unter der Überschrift „Einweihung des neuen Schulhauses in Wershofen" u. a. folgendes zu lesen:

„Gegen 10 Uhr traten vor dem Gasthaus Pfahl die Ortsvereine unter dem schneidigen Kommando des Herrn Nett zur Teilnahme am Festgottesdienst an. Die alte Kirche war bis zum letzten Platz gefüllt. Der Kirchenchor verschönte den Festgottesdienst mit einer vierstimmigen Messe für Männerchor und richtete Pfarrer Kröll beherzigenswerte Worte aus Anlaß der Weihe der neuen Schule an die Schulkinder und Eltern, sich stets der Pflichten gegenüber der Schule und den Lehrpersonen bewußt zu sein. Mit dem herrlichen ‘Großer Gott wir loben Dich’ fand der Festgot-tesdienst sein Ende. Schnell formierte sich nun der Festzug nach dem neuen Schulhaus. Voran das schneidige Tambourkorps die frischen Jungens in weißer Matrosenuniform, dann die Musikkapelle, die Festgäste, die Vereine und die gesamte Bürgerschaft. Tannengrün und wehende Fahnen grüßten die Festteilnehmer und die frische, unschuldige Jugend mit ihrer Lehrerschaft begrüßte mit sinnigen Blumensträußchen alle, die zum seltenen Fest herbeigeeilt. Nach dem wirkungsvoll durch den Kirchenchor vorgetragenen Chor ‘Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre’, währenddessen Herr Pfarrer Kröll die feierliche Segnung des neuen Schulhauses vornahm, richtete Herr Baurat Eichler im Namen der Bauleitung herzliche Worte des Dankes an alle, die zur Verwirklichung des neuen Heims der Jugend beigetragen haben und überreichte den Schlüssel dem Bauherrn, der Gemeinde Wershofen, in Gestalt des Herrn Müller.

Im Anschluss hieran versammelten sich die Festteilnehmer im Schulsaal, wo eine sinnige Feier vor sich ging, eingeleitet durch ein stimmungsvolles, mehrstimmiges Lied der Schülerinnen ‘Wir ziehen heut mit frohem Sinn’. Nach einem Gedicht sprach dann Bürger-meister Jütten. ‘Hochverehrte Festversammlung! Keinem von uns gehört dieses Haus, es gehört uns allen’. Er ließ dann die Geschichte um den Neubau der Schule Revue passieren. Man habe sich im Festgottesdienst beim Herrgott dafür bedankt, daß der Bau ohne Unfall vonstatten gegangen sei. Er dankte allen, die an dem Gelingen des Werkes beteiligt waren, denn es sei einer treuen, aufrichtigen Gemeinschaftsarbeit zu verdanken. Abschließend richtete er seine Worte an die Jugend. ‘Keinem von uns gehört dieses Haus, es gehört uns allen, aber besonders und vornehmlich gehört es der Jugend. Und ich möchte euch, die Jugend von heute und für die Jugend von morgen die Worte über den Eingang schreiben, die auf einem Bahnhofsgebäude der unteren Ahr stehen (Ahrweiler): Fest steh immer, still steh nimmer. Sein nicht Schein’.

Die Einweihung der neuen Schule Wershofen erfolgte am 8. 12. 1929.

Nach weiteren Deklamationen der Schülerinnen und Schüler verstand es Schulrat Grafen meisterhaft, die grundsätzliche Bedeutung der Schule im öffentlichen Leben herauszustellen. Dabei betonte er die Einheit der Erziehungsfaktoren Schule, Kirche und Elternhaus. Für den Landrat Dr. Creutz, der an der Teilnahme verhindert war, sprach der Kreisdeputierte, Notar Nacke. Mit dem Deutschlandlied klang die offizielle Feier aus und das Gebäude konnte besichtigt werden. ‘Die Festgäste trafen sich im Gasthaus Pfahl zu einem gemeinsamen Mittagessen, während die Bevölkerung Wershofens im Saale des Gasthauses bei den Klängen der Musik feierte."

Wershofen hatte damit einmodernes Schulgebäude, in dem der Unterricht und das Unterrichten Freude bereiteten.

Bei der Gestaltung und der Bepflanzung der Außenanlagen halfen die Schüler fleißig mit. Sie steuerten vom Elternhaus im kommenden Jahr Blumen und Sträucher bei, die man dann im Umfeld der Schule auspflanzte. Die Schülerinnen und Schüler brachten auch Heusamen mit, der dann während der Unterrichtszeit an der Böschung des neuen Weges zum Ahrtal ausgesät wurde.

Nutzung des alten Schulgebäudes

Die alte Schule an der Hauptstraße diente zunächst als Treffpunkt für die Dorfjugend. Pfarrer Adam Schwarz, der einen Jünglingsverein mit DJK (Deutsche Jugendkraft) und eine Jungfrauenkongregation gegründet hatte, richtete im oberen Schulsaal ein „Jugendheim" ein. Hier trafen sich sonntags die Jugendlichen zu Spiel und belehrender Unterhaltung. Der Pfarrer hatte die Spiele und das Mobiliar für den Raum aus eigener Tasche bezahlt. Als dann die Anfänge des 3. Reiches auch das Dorf erreichten, trafen sich am gleichen Ort junge Wershofener, die dort von Älteren „informiert" wurden. Die Informanten waren meist solche, die nicht zu den angestammten Wershofenern gezählt werden konnten.

Später verlagerte sich der Treffpunkt in den ehemaligen Klassenraum im Erdgeschoss. Hier fanden die sogenannten Heimabende statt. Man versuchte die Jugend für die neuen Ideen zu begeistern. Es kam zur Gründung von Hitlerjugend (HJ) und Jungvolk (JV) für die Jungen und zum Bund Deutscher Mädel (BDM). Ältere Jugendliche, die teilweise studierten, informierten über die neue Politik der Nationalsozialisten in Deutschland. Es wurden viele neue Lieder eingeübt und gesungen. Zur „Ertüchtigung" schliefen wir manch­mal in dem Raum auf Stroh und wuschen uns morgens am Brunnen des Hauses gegenüber „Klejne".

Dabei kam es auch zu allerlei Schabernack. Mancher Zeitgenosse wird sich auch heute noch an viele Einzelheiten von damals erinnern.

Die alte Schule wurde, weil sie an der Hauptstraße ein Verkehrshindernis war, im Jahre 1936 abgerissen, um die Straße zu verbreitern.

Seit der Planung und Einweihung der Neuen Schule sind inzwischen 70 Jahre vergangen. Nur die Grundschule ist im Ort geblieben.

Das Schulgebäude aus dem Jahre 1929 musste aber durch einen Anbau erweitert werden, damit neben den Wershofener Grundschülern auch die aus den Gemeinden Ohlenhard, Hümmel und anderen umliegenden Dörfern dort zur Schule gehen können.