Auch an der Ahr „spitze“: Eichen-Fassholz für den Rotweinausbau
Hannsjörg Pohlmeyer
Auch in unserer Region gilt: Wer als Weinfreund nach Spitzenqualitäten sucht, wird sowohl bei den Genossenschaften als auch bei den Einzelbetrieben regelmäßig auf den Zusatz „Barrique-Ausbau” stoßen. Der folgende Beitrag soll beleuchten, dass dahinter mehr steckt als die Verwendung eines Holzfasses als Lagerungsmittel.
Das Holzfass und seine Herstellung
Aus Dauben gefügte Holzfässer sind eine Erfindung der Kelten, die dann ab der Zeit Karls des Großen allgemeine Verbreitung erlangte. Dieses Aufbewahrungsmittel war im Prinzip eine Art Container für viele feste und flüssige Güter des Alltagsbedarfes. Neben seiner Dichtigkeit war es vor allem seine Robustheit, die das Holzfass für damalige Transport- und Lagerungsbedingungen prädestinierte. Von Bier und Wein über Salz und Heringe bis hin zu Margarine und Sauerkraut reichte sein Einsatz. Um 1800 gehörten die – heute fast ausgestorbenen – Küfer deshalb zu den größten Holzverbrauchern unter den Handwerkern. Deren Bedarf an Eichenholz war so groß, dass ernsthafte Versorgungsengpässe auftraten und der Fernhandel entstandene Lücken decken musste.
Der den Fässern heute anhaftende, eher altmodische Ruf verstellt den Blick dafür, dass es sich um ein Produkt handelt, das sehr großes Wissen und hohe Präzision bei der Herstellung erfordert. Nur fehlerfreie Einzelteile und etwa 50 verschiedene Arbeitsgänge ergeben ein dichtes Fass. Ein interessantes Beispiel im Kreis Ahrweiler findet sich im privaten Sinziger Museum für Holzhandwerke, wo die Ausstattung der ehemals Bothschen Küferei aus Ahrweiler zu sehen ist.
Aufarbeitung von Eichenholz im Gemeindewald Brenk
Der technische Fortschritt ließ mit Fässern aus Kunststoff oder Aluminium sowie Edelstahltanks das handwerkliche Holzfass fast verschwinden.
Verkauf von Eichen-Fassholz im Kreis Ahrweiler
Mit der weltweit steigenden Beliebtheit qualitativ hochwertiger Rotweine steigt seit nunmehr fünf Jahren der Einsatz von Holzfässern wieder steil an. Allein in Rheinland-Pfalz werden inzwischen rund 6000 Festmeter hochwertige Fasshölzer jährlich abgesetzt und vor allem nach Frankreich exportiert. Dort existieren noch einige große, sogenannte Tonnelerien, die jährlich mehrere 10000 Holzfässer an die Spitzenwinzer in der ganzen Welt verkaufen. Der Rotweinboom bedingte gleichzeitig einen Rohstoffmangel an guter Eiche im französischen Raum. Die Suche nach Alternativen führte daher Holzeinkäufer aus Frankreich in unser Bundesland. Neben dem großen Eichengebiet des Pfälzerwaldes ist auch unser Kreis, wenn auch in bescheidenerem Umfang mit beteiligt. Neben dem Absatz über den Holzhandel und über Versteigerungen fanden auch Direkteinkäufe der großen Firmen aus Cognac und Bordeaux hier statt. Interessierte Zuschauer konnten dies vor einiger Zeit in einem Beitrag der Landesschau des SWR aus dem Ringener Wald mitverfolgen und aus berufenem französischem Munde erfahren, dass die ordentliche Qualität den weiten Transport lohne. Versteht sich von selbst, dass den „Holzbotschaftern” für die Rückreise auch eine „Geschmacksprobe” aus hiesigen Weinkellern mitgegeben wurde.
Auch für den besonders laubholzreichen Kreis Ahrweiler gilt, dass die Eichen-Fasshölzer eine Art Sahnehäubchen darstellen, die die hochwertigen Möbelhölzer sinnvoll ergänzen und die Wertschätzung der Eiche insgesamt wieder gefördert haben. Geeignete Wälder und Eichenbestände finden sich im Kreis Ahrweiler insbesondere in den warm-trockenen Regionen der Grafschaft, im Sinziger Harterscheid und im Raum Berg-Kalenborn.
Damit wird ein bislang – nicht zuletzt auch unter Winzern – weit verbreitetes Vorurteil durch den Markt widerlegt, dass optimale Fassholzqualitäten nur im französischen Limousin zu finden seien. Das Gespür der erfahrenen Einkäufer wurde inzwischen durch eine Reihe wissenschaftlicher Analysen bestätigt.
Am Holz gewachsen – im Holz gereift: Der Weinausbau im Barrique
Was ist denn nun das Besondere an der Weinbereitung im Holzfass? Anders als bei der Produktion im Edelstahltank findet im 225 Liter fassenden Barrique mit seinem optimalen Verhältnis von Volumen zu innerer Oberfläche ein intensiver Austausch von Holz- und Weininhaltsstoffen statt. Über Atmung und Reifung im Fass verbessern sich sowohl Geschmacksfülle als auch Lagerungsfähigkeit. Ohne Übertreibung handelt es sich um den klassischen Fall, bei dem das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Gilt doch gleichzeitig, dass nur bestes, voll ausgereiftes und gesundes Lesegut für den Ausbau im Holz geeignet ist. Nur Rebsorten mit ausdrucksstarkem Charakter und hohem Alkoholgehalt als Gegengewicht zur Gerbstoff-Fraktion des Holzes ergeben später eine ausgewogene Balance zwischen Holzeinfluss und Wein. Im Wesentlichen laufen drei Prozesse innerhalb des Holzfasses ab:
Der Kreis Ahrweiler liefert hochwertige Eichenhölzer u. a. zur Wertholzversteigerung in Bonn.
Die regelmäßigen Leser des Heimatjahrbuches kennen auch die Beiträge zum Thema Wein und Gesundheit. Man nimmt an, dass auch ein Teil der gesundheitsfördernden Eigenschaften des Rotweins vom Ausbau im Barrique profitieren.
Beim Wein wie beim Holz: Der Standort entscheidet
Neben der Qualität des Weines selbst, ist diejenige des Holzes mit vier Komponenten für ein Barrique-Fass entscheidend.
Da das Holz gespalten und nicht etwa gesägt wird, um Faserverletzungen und damit Undichtigkeiten zu vermeiden, kommen nur ausgesuchte, astfreie und gleichmäßig gewachsene Stammstücke in Frage. Aufgrund der kurzen Daubenlängen und der gewünschten breiteren Jahrringe, macht das Fassholz den wertvollen Möbelhölzern keine Konkurrenz, sondern ist eine hochwertige Ergänzung. Insbesondere mittelstarke Eichen, wie sie bei der Waldpflege anfallen, finden so neue Kunden. Diese zusätzliche Absatzmöglichkeit wertet die naturnahe Laubholzbewirtschaftung auch zum Nutzen der Landschaft in der Gesundheits- und Fitnessregion Kreis Ahrweiler weiter auf. Was für den hochwertigen Rotwein von der Ahr richtig ist, gilt auch für das Fassholz: Es wächst keineswegs überall und ist das Produkt sorgfältiger Pflege in unseren heimischen Forsten.
Der bewusste Blick aufs Etikett ist wichtig
Aus dem Vorstehenden erklärt sich, weshalb einige „geschäftstüchtige” Geister nicht „auf dem richtigen Holzweg” sind. Angeregt durch den Markterfolg der Barrique-Weine wird nämlich auch versucht, durch kostensparenden Zusatz von Eichenholzspänen im Edelstahltank ein geschmackliches Imitat zu produzieren. Es fehlt dabei jedoch der vorher beschriebene intensive Reifungsprozess, so dass es beim Plagiat bleibt. Der Verbraucher und Weinfreund sollte deshalb genau aufs Etikett des Weines schauen.
Die optimalen Produkte der Natur lassen sich eben nicht so einfach kopieren. Dem Mensch bleibt es überlassen, durch sorgfältige Auswahl und eine kluge Vinifikation aus zwei optimalen Naturstoffen einen neuen, einzigartigen zu formen.
Die intensive beiderseitige Reaktion von Wein und Holz bedingt, dass ein Barrique-Fass für hochwertigen Wein nur ein- bis zweimal verwendet werden kann. Solange also der Rotweinboom anhält, bleibt die positive Allianz zwischen Wald und Wein bestehen. Winzer und Waldbauern im Kreis Ahrweiler, aber auch die zahlreichen Freunde des hervorragenden Ahrrotweins, werden davon profitieren.