Neues Schrifttum über den Kreis Ahrweiler

Ausgewählte Neuerscheinungen und Besprechungen

Jürgen Haffke

1. Ausgewählte Neuerscheinungen

Dieser Bericht schließt an den Bericht im Heimatjahrbuch 2001 (S. 219 - 223) an.

Kreis Ahrweiler/Eifel

Ein Projekt der Landespflege in der Gesundheits- und Fit-nessregion des Landkreises Ahrweiler; Hrsg:Kreisverwaltung Ahrweiler. Bad Neuenahr-Ahrweiler o.J. (2001).

Verbandsgemeinde Adenau

Verbandsgemeinde Altenahr

Verbandsgemeinde Bad Breisig

Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler

Verbandsgemeinde Brohltal

Stadt Remagen

Stadt Sinzig

2. Besprechungen

Drei Bände mit alten Fotos aus drei Nachbarstädten innerhalb von drei Jahren zu produzieren, das zeugt von einem offensichtlich erfolgreichen Kon­­zept des Sutton-Verlages aus Erfurt. Natürlich sind Format und Layout in allen Büchern gleich, aber hinsichtlich der Gliederung haben die Autoren freie Hand gehabt. Und so sind drei sehr unterschiedliche Fotosammlungen entstanden.

Dr. Dirk Pollerberg setzt fast ausschließlich auf Personenaufnahmen und lädt zur Wiederbegegnung mit Leuten ein, „die wir gekannt haben und an die wir uns erinnern", wie er in seiner Einleitung schreibt. Wer die letzten 70 bis 50 Jahre in Bad Breisig gelebt hat, wird viele alte Bekannte wiederfinden und dem sind auch die Namen der Personen und Ereignisse geläufig. Folglich hat Pollerberg häufig auf nähere Angaben zu den Personen verzichtet, oft nicht einmal Namen genannt. Die Datierung der Fotos ist sehr unvollständig. Für alteingesessene Breisiger alles kein Problem, spätestens beim Kaffeeklatsch oder an der Theke bekommt man die fehlenden Informationen. Die Neubürger jedoch, die Pollerberg erklärtermaßen auch ansprechen will, stehen auf verlorenem Posten. Die bauliche Entwicklung Breisigs, die für sie von Interesse sein könnte, ist nicht sein Thema und der Einblick in die Privatfotos aufgrund der meist unzureichenden Bildunterschriften wenig ergiebig. So bleibt der Ertrag des Buches auch als Teil einer Bildgeschichte des Kreises Ahrweiler gering.

Dr. Wolfgang Peters besitzt eine große Postkartensammlung von Remagen und Umgebung. Aus diesem Bestand hat er sein Buch gemacht. Wie bei Postkarten üblich, tauchen hier fast nie Menschen auf, sondern Stadt-, Straßen- und Gebäudeansichten sind die vorherrschenden Motive. Natürlich vergleicht jeder Betrachter die historischen Aufnahmen vor seinem inneren Auge mit der heutigen Situation und staunt über die Veränderungen oder die Kontinuität. Auch wenn man sich häufig genauere Angaben, vor allem zu den Zeitpunkten der Fotos, wünscht und die Auswahl der Motive ab und an etwas zufällig erscheint, hat diese Fotosammlung ihren besonderen Reiz. Im Handy- und Video-Zeitalter mag mancher nicht mehr verstehen, worin ein Jahrhundert lang die Bedeutung von Postkartenansichten lag. Angesichts der heutigen Flut von Bildern kann man kaum die Freude der (Ur-) Großeltern nachempfinden, wenn sie sich im wahren Sinne des Wortes „ein Bild machen konnten" von einer anderen oder der heimischen Umgebung. Peters Buch spricht einen breiten Kreis von Interessenten an und das über Remagen hinaus!

Dr. Karl-August Seel und Heinz Schmalz wollen zeigen, „wie’s früher war" (Vorwort) in Sinzig und seinen heutigen Stadtteilen. Ihr Buch zeichnet sich durch eine sehr gut überlegte Auswahl der Bilder und sorgfältige Bildunterschriften aus. Die bauliche Entwicklung wird ebenso berücksichtigt wie Szenen aus der Landwirtschaft, Weinbau, Handwerk und Brauchtum. Viele Namen und Daten wurden recherchiert, Besonderheiten der Motive erläutert. Durch dieses überzeugende Konzept erhält das Buch einen Wert weit über Sinzig und das Kreisgebiet hinaus. Sollten sich weitere Autoren – nicht nur im Kreis Ahrweiler – finden, die ihre Heimatgemeinde in „Die Rei­he Archivbilder" einbringen möch­ten, sei ihnen der Sinzig-Band als Muster empfohlen.

Dem Sutton-Verlag, Erfurt gebührt Anerkennung für den guten Druck aller drei Bände. Sich selbst ein privates Fotoalbum seiner Gemeinde mit über 200 alten Fotos und Beschriftung zu schaffen, ist auch heute noch sinnvoll, aber wer sich die Mühe nicht machen will, bekommt hier ein preiswertes Angebot bequem serviert, denn umgerechnet auf den Verkaufspreis kostet jedes Bild dieser Bücher nicht einmal 20 Pfennige, besser ausgedrückt im Jahre des Euro: Weniger als 10 Cent.

Jürgen Haffke

Im „römischen" Rheinland gibt es zwar häufiger 2000-Jahr-Feiern von Städten (siehe Bonn, Koblenz usw.) aber im Vergleich zum Alter der meisten Dörfer und Städte ist es doch nur ein kleiner Kreis, der ein derartiges Jubiläum zu Recht begehen kann. Remagen kann es mit Fug und Recht. Seit etwa 100 Jahren werden solche runden Zahlen zum Anlass für Feiern und eben auch für die Herausgabe von Festschriften genommen, welche die Entwicklung der Orte in der verstrichenen Zeit reflektieren. Leider hat man in Remagen nicht die Kraft gehabt, eine über eine Aneinanderreihung einiger Daten hinausgehende Stadtgeschichte zu schreiben. Das ist kein Vorwurf an den fleißigen Stadtarchivar, der angesichts einer schwierigen Quellenlage als Einzelner mit dem Schreiben eines solchen Buches überfordert ist. Diese Vorbemerkung muss erlaubt sein, weil sie einen nicht unzumutbaren Maßstab markiert, an dem sich die nachfolgenden Bemerkungen orientieren.

Die Sonderzeitung „2000 Jahre Remagen" des Krupp-Verlages, Sinzig, die am Beginn des Jubiläumsjahres kostenlos in 60 Tausend (!) Exemplaren den Stadtzeitungen dieses Verlages beigelegt war, ist ein gut gelungenes Beispiel für eine niveauvolle Werbung:Nicht nur das Programm des Jubiläumsjahres mit seinen verschiedenen Höhepunkten erscheint hier, sondern auch kurze, bebilderte Artikel mit Schlaglichtern aus der Geschichte der Stadt.

Erst auf öffentlichen Druck hin sah man sich dann veranlasst, eine ausschließlich als Ausstellung konzipierte Veranstaltung in einer eigenen schmalen Schrift „Einblicke in die Geschichte" zu dokumentieren. Das Bedürfnis der Remagener, sich mit ihrer Geschichte auseinander zu setzen, zeigte sich in der Resonanz auf die gelungene Ausstellung. Eine Vertiefung der dort behandelten Aspekte, wie auch eine Ausweitung des historischen Bildes auf Fragen, die nicht Gegenstand der Ausstellung waren, bleibt weiterhin nur wenigen Spezialisten möglich. Heimatkunde für jedermann gibt es nicht.

Vorzeigebuch des Jubiläums sollte ein neuer Farbbildband der Stadt und ihrer Stadtteile werden, der an den Schwarz-Weiß-Bildband von Klaus Flink und Fritz Rübbert von 1971 anknüpft und ein aktuelles Bild dokumentiert. Die Idee ist gut, nur lässt die Ausführung viele Wünsche offen. Volker Thehos und Beate Surek liefern, wie sie ausdrücklich betonen, tatsächlich ihr subjektives Remagen-Bild, was für die beiden auch schön sein mag, aber den vielen Realitäten Remagens nicht gerecht wird. Im Süden des Stadtgebiets, in Kripp an der Ahrmündung beginnend folgen sie dem Rhein bis Rolandswerth, mit Abstechern nach Bandorf, Unkelbach und Oedingen. Abgesehen von einem Kripper Firmenfoto und dem Blick auf das Schulzentrum Remagen, die als Schrägluftbilder einen wirklich instruktiven Überblick bieten, nutzen sie ausschließlich die Perspektive vom Boden aus. Der von Alexander von Humboldt gerühmte Blick über die Stadt und den Strom mit der Siebengebirgskulisse fehlt genauso wie ein detaillierter Stadtplan, der unsere Gegenwart besser dokumentiert als zahlreiche Fotos ohne jeden konkreten Bezug zur Stadt (z.B. Innenaufnahmen von Firmengebäuden, selbst wenn die Inhaber Sponsoren gewesen sind, in drei Sprachen erläutert, sind fehl am Platz; die Fotos vom Krankenhaus Maria Stern, der Feuerwehr, vom Sport, der Tradition, dem Karneval und der Freizeit völlig nichtssagend). Überhaupt sind die Texte zu den Bildern ein gravierendes Problem. Minimalismus mag zwar eine Kunstrichtung sein, aber da viele der gezeigten Fotos weder vom Motiv noch von der Druckqualität (seltsam milchig, wie die ersten Farbbildbände der 50er Jahre) Kunst sind, hätten es schon ein paar Zeilen mehr zur Erläuterung sein dürfen. Die englische und französische Beschriftung deutet auf den Kundenkreis der ausländischen Gäste. Aber gerade die benötigen mehr Informationen als lapidare zwei Kurzzeilen pro Seite! Das Beste an dem Buch ist Kurt Kleemanns knapper Abriss der Geschichte der Stadt und das in drei Sprachen:Ein schöner Übungstext für den Fremdsprachenunterricht der heimischen Schulen.

Fazit:Remagen hat einen ungewöhnlichen Jubiläumsanlass verpasst, sich zwischen zwei Buchdeckeln angemessen zu repräsentieren. Macht nichts, das nächste vergleichbare Jubiläum ist ja schon in 999 Jahren. Vielleicht klappt es dann!

Jürgen Haffke

Josef Zierden (Hg.): Literarischer Reiseführer Rheinland-Pfalz. 552 Seiten, Abb., CD-Rom. Brandes & Apsel Verlag, Frankfurt/M. 2001.

Eine prägende Lücke innerhalb des einheimischen Kulturmosaiks hat nun erneut Josef Zierden gefüllt: Der „Literarische Reiseführer Rheinland-Pfalz" darf als weitere leuchtende Großtat des hauptberuflich in Mainz tätigen Pädagogen aus Prüm gelten.

Der Eifel-Literaturfest-Initiator oder Herausgeber wesentlicher Regionallexika konnte für die präzisen Recherchen kompetente Autoren gewinnen – darunter Heiner Feldhoff, Jens Frederiksen, Sigfrid Gauch, Verona Mahlow, Hanns-Josef Ortheil oder Franz L. Pelgen.

So geleiten Essays, Textproben, (Foto-) Dokumente faktengenau in den Westerwald wie Hunsrück, spannen sich von Bitburg bis Pirmasens, hin zu Autoren und ihren Werken, an Geburts- und Wohnorte der Schriftsteller, an Schauplätze der Sagen und Legenden, Erzählungen und Romane. Bingen etwa und Stefan George bleiben allzeit unzertrennlich wie Andernach und Charles Bukowski, rund um Mainz dauerhafte Spuren Carl Zuckmayers wie in Ludwigshafen von Ernst Bloch.

Vergleichsweise bescheiden indes finden vertraute literarische Quellen rechts und links der Ahr Berücksichtigung. Durchweg magere Erwähnungen sind unvergessenen Namen zugedacht wie Mathilde Husten, Johannes Kirchweng, Josef Kreutzberg, Heinrich Ruland, Horst Saul, Theodor Seidenfaden oder Emma Trosse. Wenig gebührend, immerhin jedoch nicht vergessen – wie die ähnlich knapp notierten eins­tigen Arbeiterdichter Max Barthel und Heinrich Lersch. Des seligen Heinrich Roggendorfs „An der Ahr"-Poem widmet Editor Zierden exakt drei Zeilen.

Etwa anderthalb Buchseiten reflektieren gemeinsam die literarischen Klosterlandschaften Prüm und Maria Laach, ergo Johannes Butzbachs längst zum Klassiker gewordenes Wanderbüchlein, Drutmar Cremers aktuelle geistliche Gedichte oder kurze Erinnerungen an Rudolf Huchs dramatische Laach-Prosa „Spiel am Ufer". Darüber hinaus hier genannt Wolfgang Weyrauch. Das schaut grundsätzlich zwar insgesamt recht akzeptabel aus für die Region. Ein Viertelpfund mehr adäquate gleich tiefergehende Ahr-Lektüre freilich hätte niemand mit dem Reisekompendium Beschäftigten geschadet.

Als multimediale Ergänzung übrigens in Richtung Jäger aus Kurpfalz oder Jacques Berndorfs Krimi-Tatorte, Filmreisen zu Alfred Anderschs „Winterspelt" oder Ernest Hemingways Tage als Kriegsreporter in der Schnee-Eifel offeriert die dem handlichen und tadellos gestalteten Schmöker beigefügte interaktive CD-Rom. Jochen Arlt