Stars mit Sternen: Stodden und Steinheuer

Volker Jost

Glücklich, wer im Kreis Ahrweiler wohnt! Hier lässt es sich Leben und Genießen nach Herzenslust. Die Landschaft ist schön, die Flüsse sind sauber – und als Krönung des Ganzen suchen Küche und Keller in ganz Deutschland ihresgleichen. Was die heimischen Köche auftischen und die Winzer des Ahrtals einschenken, ist stets ein Hochgenuss für alle Sinne. Nur logisch, dass jedes Jahr aufs Neue die deutschlandweiten Hitparaden der Weinmacher und Küchenkünstler von Könnern aus dem Kreis Ahrweiler angeführt werden. So auch diesmal.

Schon fast ein Abonnement auf einen Platz unter den besten Zehn seines Faches hat der Meisterkoch Hans-Stefan Steinheuer. Doch der 43-Jährige kann und will sich nicht auf seinen glänzenden Lorbeeren ausruhen. „Man kann nur so gut bleiben, wenn man stets nach vorne schaut und sich kontinuierlich fortentwickelt!" Das beherzigt „Steff" Steinheuer schon seit seiner Ausbildung und den ersten Berufsjahren in den besten Häusern der Republik. Zuletzt war er Sous-Chef in den „Schweizer Stuben" in Wertheim, als die gerade zu Deutschlands Spitzenrestaurant aufstiegen. „Damals hatten meine Frau Gabriele und ich den Traum, auch selbst so etwas Tolles zu schaffen", erinnert er sich. „Doch dann fängt man zu Hause an und muss sich erst mal um alles selbst kümmern und alles selber machen." 1985 war das, als seine Mutter Renate ihn an den „heimischen Herd" in Heppingen zurückrief, in die Alte Post, die Großvater Johann Mück schon 1938 betrieben hatte. Um so erstaunlicher, dass sich das Ehepaar Steinheuer schon im ersten Jahr ihrer Selbstständigkeit den ersten Michelin-Stern und 16 Gault-Millau- Punkte erkochte und erdiente.

Eine exzellente Mitarbeiterschar bildet die Basis für den Erfolg. Und der ist wirklich außergewöhnlich. 1998 wurde Steinheuers Restaurant mit Auszeichnungen geradezu überschüttet. „Alles kam zusammen, was wir uns erträumt hatten: 18 Punkte im Gault Millau, der zweite Michelin-Stern und als Sahnehäubchen die Auszeichnung als Koch des Jahres beim Falk Guide", kann der Patron den Erfolg manchmal selbst nicht ganz glauben. Doch es kam noch besser: In der Feinschmecker-Bibel Gault Millau wurde er 1999 „Aufsteiger des Jahres" und schon ein Jahr später zum „Koch des Jahres 2000" gekürt. Inzwischen gibt es keine Auszeichnung mehr, die er nicht schon wenigstens einmal errungen hätte. Noch dazu wurde seine Frau Gabriele, eine bestens ausgebildete Restaurantfachfrau und Sommeliere, bereits mehrfach zur „Gastgeberin des Jahres" gekürt. So langsam wird im Flur der Platz für immer neue Ehrenurkunden eng. Aber im jüngst eröffneten Hotel auf der anderen Straßenseite ist sicher noch genügend Wandfläche vorhanden, um den unweigerlich noch kommenden Auszeichnungen einen gebührenden Rahmen zu geben.

Unter dem schiefergedeckten Dach in der Heppinger Ortsmitte erwartet eine abwechslungsreiche, kreative Küche den Feinschmecker, kräftig gewürzt und ungeheuer aromenreich, mit traumhaften, weil stark reduzierten Saucen. Was er etwa aus einem Eifler Reh wunderbares machen kann, das grenzt schon an Zauberei – und wer je seine Gänsestopfleber in Toka- jer-Feigengelee auf der Zunge zerschmelzen ließ, der weiß, dass feinstes Essen eines der sinnlichsten Erlebnisse überhaupt sein kann. Überwiegend werden Produkte der Region in seiner Küche zu kulinarischen Meisterwerken komponiert, abgestimmt auch auf die fulminanten Rotweine der Ahr. Die trinkt der Chef auch selbst „wahnsinnig gern", kennt er doch alle Winzer des Gebietes persönlich und ist immer wieder gern gesehener Gast in den Kellern und Probierstuben.

So auch bei einem weiteren aufgehenden Stern des Ahrtals, dem Recher Winzer Gerd Stodden. Die Spätburgunder seines renommierten Weingutes Jean Stodden verzeichnen derzeit einen bemerkenswerten Höhenflug. Selbst Weinexperten, die über viele Jahre wenig mit seinen markanten, dichten und kräftigen Kreszenzen im burgundischen Stil anfangen konnten, kommen nun nicht mehr umhin, die überragende Qualität seiner edlen Tropfen anzuerkennen. So ernannte ihn die Fachzeitschrift „Alles über Wein" zum Erzeuger des Jahres 2002 und schreibt: „Größter Gewinner der jüngsten Verkostung ist Gerd Stodden, auf dessen Weingut bereits mit den exzellenten 1997-ern eine neue Ära eingeläutet wurde. Die atemberaubende 1999-er Kollektion bildet zweifelsohne den bisherigen Höhepunkt seiner Karriere. Krönung war eine zukunftsträchtige Goldkapsel Auslese von einer Qualität, wie wir sie zuvor noch nicht aus seinem Keller verkostet haben."

Meisterkoch Hans-Stefan Steinheuer (li.) und Spitzenwinzer Gerd Stodden (re.)

In der neuen Ausgabe des Wein-Plus Weinführers 2002 wird das Rotweingut für die „Kollektion des Jahres" der Region Ahr geehrt. Sechs seiner neun vorgestellten Weine zählt der Führer zu den feinsten Vertretern ihrer Art in Deutschland, „und mindestens zwei davon werden, wenn sie ihre volle Reife erlangt haben, deutsche Rotweingeschichte schreiben." Besonders stolz sein darf Gerd Stodden auf das Urteil der beiden Weinpäpste Armin Diel undJoel Payne vom Gault Millau Wein-Guide Deutschland. Die wählten ihn diesmal zum „Aufsteiger des Jahres 2002". War Stodden in der Vergangenheit nicht immer ganz einverstanden mit der Beurteilung der beiden renommiertesten Tester, die sein Weingut lange Zeit merkwürdig niedrig bewerteten, so kann er diesmal versöhnlich das Glas erheben. Er ist erneut mit gleich zwei Weinen in der Hitliste vertreten und bestätigt seinen seit Jahren anhaltenden Aufwärtstrend. „Gerd Stoddens kraftvolle Spätburgunder nehmen es in großen Jahren spielend mit allen Rotweinen Deutschlands auf", lobte Joel Payne den studierten Volkswirt, der den Betrieb 1975 nach dem plötzlichen Tod des Vaters übernehmen musste.

Zwar waren die winzerischen Wurzeln durch die lange Familientradition mit Weinbau seit dem Jahre 1900 schon angelegt, doch der Akademiker musste sich das edle Handwerk des Weinmachens von A bis Z als Autodidakt erarbeiten. Mit der Zeit weitete er die Anbaufläche des Betriebes von anfangs 2,5 auf heute 6,5 Hektar aus. Der Betrieb füllt jährlich etwa 45000 Flaschen Wein ab. Knapp 80 Prozent davon sind Spätburgunder, den Rest teilen sich Frühburgunder, Portugieser und Riesling.

Dabei sind Gerd Stoddens Ansprüche an den eigenen Wein stetig gewachsen, was sicherlich mit seinen vielen Reisen ins europäische Ausland zusammenhängt. Insbesondere Burgund erwies sich als Quelle der Inspiration und des Qualitätsstrebens. Heute besitzen Stoddens Weine einen unverkennbar eigenen Stil, der sich vielleicht so umschreiben lässt: Kräftige, gerbstoffbetonte Rotweine mit fast süßer Frucht und einer leicht burgundischen Note. Damit geht Gerd Stodden an der Ahr seinen eigenen Weg. Mit eisernem Willen zur Spitzenqualität mit langfristigen Entwicklungs-Pers­pektiven will er sich nicht „vom Markt tyrannisieren lassen", der schnell konsumierbare Weine verlange. „Ich bin nicht der Meinung, dass ich Weine kurzfristig aufs Pult bringen muss, die smart, soft und früh trinkbar sind – aber kein Potential besitzen", schüttelt er den Kopf. Immer wieder stellt Stodden seine Arbeit in Frage: „Es muss doch noch besser gehen!" Noch dichter, noch fruchtiger und komplexer sollen seine Spätburgunder werden. Schließlich stehe man heute nicht mehr nur mit den Winzern aus Rech, Dernau und Mayschoß im Wettstreit, sondern mit den renommiertesten Rotweingütern aus aller Welt.

Trotz aller Weltoffenheit steht bei Gerd Stodden die Familie stets im Mittelpunkt, sie ist sein ganzer Stolz. „Ohne sie hätte ich das alles gar nicht schaffen können", stellt er unumwunden fest. Mit einer großen, intakten Familie gehe eben alles viel leichter und besser. So ist es auch nicht verwunderlich, dass der älteste Sohn Alexander sich anschickt, in Vaters Fußstapfen zu treten und sein Diplom als Ingenieur und Önologe in Geisenheim mit Glanz bestanden hat. Er soll einmal das Weingut Stodden übernehmen und dann in der fünften Generation weiterführen. Seine ersten eigenen Versuche reifen derzeit im Fass und tragenden vielversprechenden Namen „Next Generation".

Die nächste Generation will nämlich die Erfolgsgeschichte weiterschreiben.