Auf den Spuren der Kelten im Kreis Ahrweiler

Dr. Arnulf Krause

Die Kelten - ein spektakuläres Volk der Frühgeschichte

Das frühgeschichtliche Volk der Kelten sorgt in vielen europäischen Ländern für Aufsehen und großes Interesse an der fernen Vergangenheit. Archäologische Funde bieten immer wieder Einblicke in die Kultur und Geschichte dieser Menschen, auf deren Spuren man zwischen Spanien und Kleinasien, von den Britischen Inseln bis nach Italien stößt. Der Süden und Südwesten Deutschlands gelten geradezu als keltisches Kerngebiet, wofür beispielsweise das Fürstengrab von Hochdorf in Württemberg, die weitflächige Keltenstadt von Manching in Bayern oder das Grab der Fürstin von Waldalgesheim bei Bingen stehen. Die jüngsten Ausgrabungen weisen außerdem auch nördlichere Regionen als altes Keltenland aus. Für sie steht stellvertretend die monumentale Grab- und Kultanlage vom Glauberg, der am Rande der hessischen Wetterau nordöstlich Frankfurts liegt.1) In allen diesen Gebieten und weit darüber hinaus haben die Kelten zwischen dem 7. und 1. Jahrhundert v.Chr. mehr oder weniger beeindruckende Überreste hinterlassen.

Der Keltenbegriff: wenig Volkstum - viel Kultur

Wenn im Folgenden der Frage nachgegangen werden soll, ob und inwieweit sie auch Spuren im Gebiet des Kreises Ahrweiler zurückließen, bedarf es zunächst einer begrifflichen Klärung, was unter den Kelten überhaupt zu verstehen ist. Denn der Vor- und Frühgeschichtsforscher Otto Kleemann beantwortete diese Frage mit der Bemerkung, „dass man nicht von Kelten im Kreise Ahrweiler sprechen kann, dass aber wohl allgemein starke Einflüsse und eine erhebliche Beeinflussung durch die keltische Kultur festzustellen sind".2) Kleemann ging dabei von einem letztlich fest umrissenen Volkstumsbegriff aus („eine große Nation"), der mittlerweile als anachronistisch eingeschätzt wird. Gerade die moderne Archäologie scheut sich vor ethnischen Zuordnungen und spricht lieber von Fundgruppen und Kulturen.3)

Darüber hinaus herrscht Fächer übergreifend Einigkeit darin, dass man frühgeschichtliche Gruppen wie die Kelten oder Germanen keinem erst in der Neuzeit aufgekommenen Volks- oder Nationsbegriff zuordnen darf. Ein gemeinsames ethnisches Identitätsbewusstsein dürfte vor 2500 Jahren kaum entwickelt gewesen sein. Deshalb versteht man unter den Kelten eine Sammlung diverser Gruppen mit insgesamt unscharfen Grenzen, die ähnliche Sprachen und eine Reihe kultureller Eigenarten miteinander verband.4)

Dazu gehören die Ausprägung eines kennzeichnenden Kunststils (des Latènestils), spezifische gesellschaftliche Verhältnisse (im Besonderen die Druiden, die allerdings erst in der spätkeltischen Zeit sicher bezeugt sind), spezifische religiöse Gebräuche, die meisterliche Beherrschung kunsthandwerklicher Techniken, herausragend etwa in der Schmiedekunst.5) Für die letzte Phase der keltischen Geschichte auf dem europäischen Kontinent, das 2. und 1. Jahrhundert v.Chr., spricht man der keltischen Zivilisation den Status einer präurbanen Gesellschaft zu, die vor der Entwicklung zu einer Hochkultur stand. Denn die Kelten dieser so genannten Spätlatènezeit kannten mit den von Caesar genannten Oppida große Siedlungen, in denen mehrere tausend Menschen leben und arbeiten konnten.

Die keltischen Stämme dieser Zeit verfügten über hervorragende Handwerker und intensive Handelsverbindungen in den Mittelmeerraum, aus dem sie das Münzwesen übernahmen. Viele dieser kulturellen Indikatoren finden sich weit über vermeintlich keltische Gebiete hinaus. Insbesondere wurden viele germanische Stämme von der technisch entwickelteren Zivilisation der Kelten geprägt. Darum ist es nicht mehr sinnvoll, von ohnehin nicht zu beweisenden und kaum relevanten ethnischen Einheiten zu sprechen. Den historischen Verhältnissen gerechter wird die Zuordnung zu Gebieten einer bestimmten Kultur, welche die Identität eines Stammes entscheidend beeinflusst. Ein Blick auf die in diesem Sinne keltisch dominierten Gebiete Mitteleuropas wird bei aller Fundproblematik auch die Einordnung des Ahrgebiets ermöglichen.

Quellen, die Auskunft über die Kelten geben

Grundsätzlich ist von drei Quellengattungen auszugehen, mit deren Hilfe Erkenntnisse über keltische Spuren im Kreis Ahrweiler gewonnen werden können: Die Erforschung der Vor- und Frühgeschichte, die ihre Erkenntnisse aus Bodenfunden gewinnt; die Sprachgeschichte, die vor allem mit der Sichtung der Ortsnamen Auskunft über keltisches Namensgut geben kann; schließlich die Geschichtswissenschaft, die auf schriftliche Zeugnisse zurückgreift.

Archäologische Quellen: die westliche Hallstattkultur

Den archäologischen Funden entsprechend gliedert man die vorrömische Eisenzeit in die Hallstattzeit und die Latènezeit, die nach Fundorten in Österreich bzw. der Schweiz benannt sind. Für die späte Hallstattzeit (7.-5. Jahrhundert v.Chr.) und die Latènezeit (5.-1. Jahrhundert v.Chr.) gelten eindeutig Kelten als Träger dieser Kulturen. In der erstgenannten Epoche prägten Fürstensitze und ihnen benachbarte prächtig ausgestattete Fürstengräber unter großen Grabhügeln Südwestdeutschland, Südostfrankreich und Gebiete der Schweiz. Für diese Westhallstattkultur, deren berühmtestes Grab das des Fürsten von Hochdorf (um 550 v.Chr.) ist und deren bekanntester Fürstensitz die Heuneburg an der oberen Donau darstellt, stellt das Kreisgebiet eine ferne Randregion dar.

Die Hunsrück-Eifel-Kultur

Das ändert sich erst mit der Entwicklung der so genannten Hunsrück-Eifel-Kultur, deren Einzugsbereich von Rheinhessen bis zur Kölner Bucht, von Luxemburg bis zur unteren Lahn reicht.6) Im 6. Jahrhundert v. Chr. kam in diesem Gebiet des Rheinischen Mittelgebirges und seiner Flussläufe die neue Sitte der Grabhügel auf; die Toten wurden zunehmend unverbrannt bestattet und mit reichen Beigaben versehen. Seit dem 5. Jahrhundert v.Chr. finden sich unter den Beigaben Gegenstände von hohem handwerklichem und künstlerischem Niveau. Sie stehen exemplarisch für den Latènestil, der als der typische keltische Kunststil gilt. Seine Blütezeit vertreten die Grabbeigaben der Fürstin von Waldalgesheim bei Bingen, die etwa 320 v.Chr. gestorben ist. Der Fürst vom Glauberg lebte ca. 150 Jahre früher im benachbarten Hessen.

Archäologische Funde an Mittelrhein und Mosel

Auch in der unmittelbaren südlichen Nachbarschaft des Kreisgebiets haben die keltischen Träger der Hunsrück-Eifel-Kultur wertvolle Relikte hinterlassen.7) Sie konzentrieren sich im Gebiet des Neuwieder Beckens und der Untermosel. Oberhalb Kobern-Gondorfs liegt mit dem so genannten Goloring eine alte Kultstätte, die als keltisches Heiligtum bezeichnet werden kann.8) Zwischen dem 9. und 4. Jahrhundert v.Chr. entstand dort eine Wall-Graben-Anlage, deren Durchmesser etwa 190 Meter betrug. In ihrem Umkreis finden sich z.T. große Grabhügelfelder mit reichen Gefäß- und Trachtbeigaben. Drei Wagengräber ragen darunter besonders hervor. Vor allem diese Bassenheimer Gräber weisen darauf hin, in der Gegend des Golorings ein altes keltisches Siedlungszentrum mit einer wohlhabenden Oberschicht zu sehen. Dafür spricht auch der Großgrabhügel der „Dreitonnenkuppe" bei Lonnig, der noch heute einen Durchmesser von mehr als 70 Metern hat. Er wird der späten Hallstattzeit des 7. und 6. vorchristlichen Jahrhunderts zugeschrieben und könnte damit aus der Zeit des Hochdorfer Fürstengrabes stammen.

Auch weiter rheinwärts waren die Kelten präsent. Das zeigen die Prunkgräber von Mülheim-Kärlich, in denen im 5. Jahrhundert v.Chr. Adlige mit reichen Beigaben bestattet wurden.9) Darunter fanden sich zweirädrige Wagen, bronzene Schnabelkannen, Lanzen und goldene Armringe. Die Bestatteten gehörten offensichtlich einer mächtigen Fürstenschicht an, die über Kontakte bis in den Mittelmeerraum verfügte.

In jüngster Zeit hat das Gräberfeld von Thür Aufmerksamkeit erregt, das nur wenige Kilometer südlich des Laacher Sees und damit des Kreisgebiets liegt.10) Seit dem 2. Jahrhundert v.Chr. wurde es über etliche Jahrhunderte von Kelten, Römern und Franken genutzt. Auffallend sind unter den keltischen Bestattungen reiche Waffengräber, die wiederum von einer Adelsschicht Zeugnis ablegen.

Für die Bedeutung des mittelrheinischen Raumes im letzten Jahrhundert v.Chr. spricht schließlich der Martberg oberhalb Pommerns an der Untermosel, der ein bedeutendes Zentrum, ein stadtähnliches Oppidum, der keltischen Treverer war.

Vor- und frühgeschichtliche Funde im Kreis Ahrweiler

Diesen reichen archäologischen Quellen südlich unserer Region, die eindeutig Kelten zugewiesen werden können, hat das Gebiet des Kreises Ahrweiler nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen.11) Aus der vorrömischen Eisenzeit der letzten acht Jahrhunderte v.Chr. finden sich Höhenbefestigungen in Form von Ring- und Abschnittswällen. Häufig in ihrer Nähe sind - ebenfalls auf Höhenlagen - Grabhügelgruppen anzutreffen. Gräberfelder, die man der Hunsrück-Eifel-Kultur zuordnen kann, fand man bei Barweiler, Gelsdorf, Niederbreisig, Sinzig und Koisdorf. Die erhaltenen Beigaben lassen sich allerdings selten mit den südlicheren Objekten messen. Sie umfassen einfache Keramik oder eine Lanzenspitze. Der Fund eines Matronenfigürchens verweist in die römische Zeit und ihren ausgeprägten Matronenkult, der im keltisch-germanischen Glaubensumfeld entstand.12) Immerhin wurden in Bad Breisig bronzene Hals-, Arm- und Ohrringe gefunden, die der frühen Hunsrück-Eifel-Kultur des 6. und 5. Jahrhunderts v.Chr. zugerechnet werden können.13)

Abschnittswälle konnten auf der Reutersley über Rheineck14) und „Auf der Dickt" über Brohl geortet werden. Dazu muss man auch den „Grindelsgraben" bei Lind und die „Alte Burg" bei Herschbroich rechnen. Ein bedeutender Ringwall krönte den „Scheidskopf" bei Remagen, und die „Alte Mauer" im Ahrweiler Stadtwald darf auch zu den vorrömischen Befestigungswerken des Kreisgebiets gezählt werden. Weitere Ringwälle lagen bei Hoffeld, Reifferscheidt, Senscheid und bei Kirchsahr.15)

Eisenzeitlicher Abschnittswall „Auf der Dickt", oberhalb von Brohl

Befestigungswerke und Gräberfelder belegen zusammen mit mutmaßlichen kleineren Siedlungen eine recht gestreute Besiedlung des berg- und waldreichen Kreisgebiets, das weder Raum für größere Siedlungskammern noch Ressourcen und Verkehrswege für eine reiche und mächtige Fürstenschicht bot. Die hier lebende Bevölkerung lebte vom Feldbau und der Viehzucht; vielleicht nutzte sie die vorhandenen Erzlagerstätten, wie es für die Römerzeit nachgewiesen wurde. Die über das Land verstreut liegenden Burgwälle könnten einem Netz kleiner Häuptlingsherrschaften zugewiesen werden.16)

Wie oben erwähnt ist die Vor- und Frühgeschichtsforschung vorsichtig mit der Zuordnung bestimmter Funde und Fundgruppen zu Stämmen oder anderen vermeintlich ethnischen Einheiten. Die Fundsituation lässt das Kreisgebiet aber zumindest als eine Randregion der den Kelten zugeschriebenen Hunsrück-Eifel-Kultur identifizieren. Dafür, dass sich deren Einflussbereich noch weiter rheinabwärts erstreckte, sprechen Funde in Bonn und im Bereich der Siegmündung, während im Verlauf des Niederrheins die Fundspuren keltischer Provenienz deutlich geringer werden.

Das Zeugnis der Ortsnamen

Die Archäologie ist bezüglich ihrer Forschungsobjekte zu großen Teilen eine sprachlose Wissenschaft, die lediglich ihre Funde interpretieren kann. Die keltische Bevölkerung des Rheinlandes verwendete üblicherweise keine Schrift und hinterließ deshalb keine eigenen unmittelbaren sprachlichen Zeugnisse. Die historische Sprachwissenschaft bietet mit Rekonstruktionsmethoden überlieferter Namen die Möglichkeit, auf deren Provenienz zu schließen. Besonders für Ortsnamen gilt, dass sie eine beachtliche Beständigkeit aufweisen können und Bevölkerungs- und Kulturwandel überdauern. Allerdings sind viele Namenszuordnungen spekulativ und umstritten.

Das Kreisgebiet ist an sicheren keltischen Ortsnamen nicht ausgesprochen reich, sie sind jedoch recht markant. Die Zuordnung von Gewässernamen zum keltischen oder gar vorkeltischen Sprachgut ist umstritten. Die Namen der großen Flüsse Rhein und Maas (lateinisch Rhenus und Mosa) gelten als keltische Bezeichnungen.17) Das ausgedehnte Waldgebirge zwischen diesen Flüssen, das heute die Ardennen und die Eifel umfasst, wurde in der antiken Ethnographie als Arduinna bezeichnet. Diesen Namen weist man der keltischen Sprache zu; er bedeutete wahrscheinlich „Hochland". Arduinna ist außerdem der Name der Göttin dieses Gebirges. Ihn überliefert unter anderem ein Dürener Weihestein der gallo-römischen Zeit.18) Unter den Bergnamen der Eifel ragt einer wortwörtlich mit seiner unbestrittenen keltischen Herkunft heraus: Die Hohe Acht ist auf ein keltisches akaunon „Stein, Fels" zurückzuführen.19)

Die Vielzahl keltischer Siedlungsnamen im Rheinland

Siedlungsnamen gelten in der Regel als weniger altertümlich. Keltische Namensmuster fanden auch noch in römischer Zeit Anwendung und können darum nicht selbstverständlich auf Kelten zurückgeführt werden. Für diese Namen gilt deshalb oft lediglich ein indirekter Zeugniswert. Unmittelbar möchte man den Namen Kirchdauns der keltischen Sprache und Kultur zuordnen. Denn er enthält - wie Daun in der Vulkaneifel - ein altes Wort Dunum, womit allgemein eine Höhenbefestigung bezeichnet wurde. Damit war der Ringwall des benachbarten Scheidskopfs gemeint.20) Am Rhein zeigen Remagen (Rigomagus „Königsfeld"), Sinzig (Sentiacum) und Bad Breisig (Brisiacum) deutliche keltische Namensmuster, die von den Römern übernommen bzw. neu verwendet wurden. Folgende Beispiele mögen für die Fülle keltischer, zumeist romanisierter Ortsnamen im Rheinland außerhalb des Kreisgebiets stehen: Boppard (Boudobriga), Andernach (Antunnacum), Bonn (Bonna), Zülpich (Tolbiacum), Jülich (Juliacum), Dormagen (Durnomagus), Deutz (Divitia), Nijmegen (Noviomagus). Für die römerzeitlich bezeugten rheinischen Siedlungsnamen kann insgesamt ein hoher Anteil mit keltischer Herkunft festgestellt werden.21)

Das Kreisgebiet im ersten Licht der Geschichte: Treverer und Eburonen

Im Sinne der Ereignisgeschichte rückt das Rheinland mit dem Gebiet des Kreises Ahrweiler erstmals in der spätkeltischen Zeit des 1. Jahrhunderts v.Chr. in das Licht schriftlicher antiker Zeugnisse. Gaius Julius Cäsar geht in seinen Schilderungen des Gallischen Krieges (58-51 v.Chr.), der den meisten keltischen Stämmen des europäischen Festlandes das Ende ihrer Freiheit brachte, auch ausführlich auf die Verhältnisse in Gallien vor der römischen Eroberung ein.22) Er überliefert eine Fülle von Stammesnamen, die zum Teil auch für das Kreisgebiet relevant sind und für dessen frühgeschichtliche Bevölkerung erstmals eine konkrete Benennung ermöglichen.

Im Moselraum siedelten danach die keltischen Treverer, nach denen die spätere römische Stadtgründung Trier (Augusta Treverorum, französisch Trèves) ihren Namen erhielt.23) Der unabhängige Stamm hatte seine zentralen Oppida auf dem Titelberg in Luxemburg und auf dem oben erwähnten Martberg an der Untermosel. Treverischer Einfluss und treverische Bewohner sind auch noch für das Kreisgebiet anzunehmen.

Sie stießen hier jedoch mit dem nördlichen Nachbarstamm der Eburonen zusammen, den Cäsar zu den so genannten linksrheinischen Germanen zählt (Germani cisrhenani „Germanen diesseits des Rheins"). Diese Völkerschaft hat im „Bellum Gallicum" traurige Berühmtheit erlangt. Denn die Eburonen begehrten unter ihren Königen Ambiorix und Catuvolcus gegen die römische Besatzung auf und töteten eine große Anzahl von Legionären. Die folgende Strafaktion Cäsars im Jahre 53 v.Chr. führte zur Ausrottung des Stammes, worunter wahrscheinlich die Eliminierung des Adels und der Führungsschicht zu verstehen ist. Jedenfalls verschwindet der Eburonenname, und im „frei gewordenen" Gebiet dieses Stammes wurden später die germanischen Ubier aus rechtsrheinischen Gebieten angesiedelt.24)

Im Kreisgebiet ist jedenfalls mit eburonischer Bevölkerung zu rechnen, wobei archäologische Zuordnungen sehr ungewiss sind. Möglicherweise wurde der Scheidskopf von ihnen genutzt. Eindeutigere Befunde lassen sich für sie erst außerhalb des Kreises finden. Der in typisch keltischer Manier befestigte Ringwall von Euskirchen-Kreuzweingarten und die große befestigte Siedlung von Hambach bei Düren können mit ihren Zerstörungsspuren den Eburonen und dem Krieg des Jahres 53 v.Chr. zugeordnet werden. Obwohl die Eburonen ursprünglich germanische Einwanderer waren, weisen sie doch die erhaltenen Sprachreste und die archäologischen Funde als zur keltischen Kultursphäre gehörend aus.25)

Halsring und Armringe aus einem hallstattzeitlichen Grabhügel von Bad Breisig

Am Vorabend der römischen Eroberung Galliens dürfte das Kreisgebiet als waldreiches Grenzland anzusehen sein, in dem die keltischen Treverer und die keltisierten germanischen Eburonen zusammentrafen. Weder in den archäologischen Funden, noch im Namensgut und den überlieferten Ereignissen lassen sich zwischen ihnen signifikante Unterschiede feststellen.

Kelten und keltische Spuren im Kreis Ahrweiler

Als Fazit der Frage nach keltischen Spuren im Kreis Ahrweiler darf Folgendes gelten: Nach den verschiedenen Quellengattungen gehörte das Kreisgebiet über Jahrhunderte in eine Randzone der keltischen Welt. Dabei gab wohl weniger nachlassender Einfluss der keltischen Kultur den Ausschlag als die natürliche Beschaffenheit des Landes, das geprägt war von Gebirgen und Wäldern. Hier fanden sich weder Ressourcen (etwa Eisenerz oder Salz) noch günstige Verkehrswege, die das Entstehen einer reichen Fürsten- oder Häuptlingsschicht gefördert hätten. Die keltische Kultur mit ihren prächtigen und eindrucksvollen Zeugnissen war keine Zivilisation der Masse der Bevölkerung, sondern die Ausdrucksform einer wohlhabenden und prestigebedachten Oberschicht. Eine solche fehlte zwischen Rhein, Ahr und Eifel. Die kleinen Häuptlinge der hiesigen Region dürften dagegen eher bescheiden gelebt haben.

Wenn darum spektakuläre Funde aus der Keltenzeit im Kreisgebiet fehlen und wohl auch kaum zu erwarten sind, so spricht doch nichts dagegen, die Region als Teil der keltischen Welt anzusehen.

Literatur:

Anmerkungen:

  1. Im nördlicheren Amöneburg bei Marburg existierte beispielsweise eine große keltische Siedlung, ein Oppidum. Befestigungswerke und weitere Spuren der Kelten fand man im Siegerland und weit verstreut in Nordhessen.

  2. Vgl. Kleemann 1972. Wie sehr diese Einschätzung mittlerweile revidiert werden muss, belegt folgendes Zitat Kleemanns: „Die allgemeine, zumindest die vorherrschende Meinung unter den Vorgeschichtsforschern ... geht wirklich dahin, dass die Kelten überhaupt nie nördlich der Mosel gewesen sind." Allein die unten genannten Funde aus der Pellenz und dem Neuwieder Becken beweisen die Existenz von Kelten nördlich der Mosel.

  3. Vgl. dazu Rieckhoff, Biel 2001, S. 61ff. und Frey, Otto-Herman. Wer waren die Kelten? Zeugnisse aus der antiken Welt und archäologischer Befund. In: Das Rätsel der Kelten vom Glauberg 2002, S. 47-57.

  4. Dazu Birkhan 1997: „Kelten sind Stämme und Stammesverbände
    Alteuropas, die im großen und ganzen durch eine relativ einheitliche materielle ... und immaterielle Kultur ... von anderen Stämmen und Stammesverbänden abgehoben sind." (S. 32).

  5. Keltische Eisenschwerter und Schmuck waren sogar in den Hochkulturen der Mittelmeerwelt begehrt.

  6. Vgl. dazu Nortmann 2002.

  7. Dazu Von Berg 1990, S. 80-90, und 1998, S. 54-58.

  8. Ein kleines Modell der neu eingerichteten archäologischen Abteilung des Landesmuseums Koblenz auf der Festung Ehrenbreitstein veranschaulicht die Monumentalität dieser leider stark zerstörten Anlage. Vgl. dazu auch Abb. 25 und Pläne S. 40 in Oesterwind, Schäfer 1992.

  9. Dazu Oesterwind, Schäfer 1992.

  10. Dieser Fundort wurde genauso wie der Martberg bei Pommern in der großen Archäologie-Ausstellung „Menschen, Zeiten, Räume - Archäologie in Deutschland", die 2002/03 in Berlin und Bonn gezeigt wurde, ausdrücklich gewürdigt.

  11. Grundlegend dazu sind Fehr 1993 und Kleemann 1971.

  12. Erwähnt von Kleemann 1971, S. 98, als Fund in Sinzig.

  13. Dieser Fund wurde in der Ausstellung „Geborgene Schätze. Archäologie an Mittelrhein und Mosel" der archäologischen Abteilung des Landesmuseums Koblenz präsentiert.

  14. Die Befestigung auf der Reutersley wird als einzige Lokalität aus dem Kreis Ahrweiler von Rieckhoff, Biel 2001, S. 311, angeführt und chronologisch der älteren Hunsrück-Eifel-Kultur des 7.-6. Jahrhunderts v.Chr. zugewiesen.

  15. Vgl. dazu Fehr 1993 und Kleeman 1971. Dass in diesem Bereich sogar noch Entdeckungen gemacht werden können, belegen Gückelhorn, Vogel 1999 mit der Entdeckung der Befestigung „Auf dem Hahn" in Bad Breisig.

  16. Dazu auch Fehr 1993, S. 35.

  17. So bei Birkhan 1997, S. 298. Krahe 1964 hält sie dagegen für vorkeltisch wie übrigens auch die Ahr (S. 95ff.).

  18. Maier 1994, S. 23.

  19. Vgl. Krause 1999, S. 58, und Kuhn 1978, S. 344, für den es ein „gesichertes gallisches Wort" ist.

  20. Vgl. dazu Kleemann 1971, S. 68, und Kuhn 1978, S. 342.

  21. Weisgerber 1969, S. 350-352. Weisgerber weist fast die Hälfte „aller römerzeitlich belegten Siedlungsnamen der Rheinlande dem Keltischen" zu.

  22. Das Kreisgebiet wurde zum Zeitpunkt von Cäsars Eingreifen Gallien zugezählt.

  23. Die Treverer wurden als keltisch-germanisches Mischvolk angesehen, einmal als Kelten mit germanischer Oberschicht, dann insgesamt als eingewanderte Germanen. In ihrem reichen archäologischen Befund erweisen sie sich als keltisch, was als entscheidendes Kriterium zu gelten hat.

  24. Dazu Krause 1999.

  25. ebd.