Fritz Freese alias Lehmkuele Fritz

Ein Original in Ohlenhard

Karl-Peter Brenner

Mit bürgerlichem Namen hieß er Fritz Free­e. In Wershofen und Umgebung ist dieser eigenwillige Mensch bis heute als Lehmkuele Fritz bekannt. Sein Geburtsort war Köln, wo er auch eine Familie gegründet hatte und etwa bis zu seinem vierzigsten Lebensjahr wohnte.

Als seine Ehe in die Brüche ging, zog es ihn Ende der 1920er Jahre in den Geburtsort seiner Mutter nach Wershofen. Mutter Freese trug den Mädchennamen Bütscheid. Sie lebte vormals in Wershofen in der Dreisbachstraße im heutigen Haus Walter Brenner. Hier fand Fritz Freese nach seinem Weggang aus Köln vorübergehend Wohnung und Brot.

Er war wohl irgendwie vom Leben enttäuscht, denn es zog ihn in die Einsamkeit. Auf einem von seiner Mutter ererbten Grundstück im Distrikt „Etscheid", nahe Ohlenhard, baute er sich aus Balken und Lehm eine bescheidene Hütte im Wald. Die einfache Behausung verfügte weder über Wasser- noch Stromanschluss. Seinen Spitznamen erhielt Lehmkuele Fritz nach seiner Behausung im Wald.

Hier konnte Freese alias Lehmkuele Fritz unbeobachtet von seinen Mitmenschen in der selbst gewählten Einsamkeit leben. Als „Einsiedler" hielt er sich Federvieh, baute Gemüse an und ernährte sich von Wildfrüchten aus Wald und Flur.

Fachwerkhäuser in Ohlenhard

Vielleicht landete auch schon mal ein Wildbret in seiner Pfanne, was ihm allerdings nie nachgewiesen werden konnte. Als Eigenbrödler musste er auch Nachrede und allerlei Gerüchte erdulden.

Auf Kinder muss Fritz Freese wohl einen Furcht erregenden Eindruck gemacht haben. Er war von großer hagerer Gestalt, ging in leicht gebückter Haltung und trug einen Vollbart.

Bei vielen Einheimischen soll er aber sehr beliebt gewesen sein.

Als Motorenwickler verfügte er über gute Kenntnisse der Elektrotechnik, die manch einem, der Hilfe bei der Reparatur von Geräten benötigte, zugute kam.

Aufgrund seiner allgemeinen Freundlicheit und Liebenswürdigkeit im Umgang mit seinen Mitmenschen wurde er durchweg als angenehmer Zeitgenosse angesehen.

Dass Fritz Fresse trotz seines einfachen Lebens in einer abgeschiedenen Hütte nicht mittellos war, zeigt die Tatsache, dass er trotz wirtschaftlicher Notzeit der 1920er und 1930er Jahre in unserer insgesamt recht armen Gegend bereits einen Personenkraftwagen besaß.

Später wurde dessen Unterbau zu einem der ersten gummibereiften Ackerwagen der Umgegend umgebaut.

In seiner einfachen und bescheidenen Behausung schmiedete Fritz Freese große Pläne.

Von dem Gedanken, auf „Kammberg", nahe dem Forsthaus Gierscheid, zwischen Eichenbach und Lommersdorf gelegen, eine landwirtschaftliche Siedlung zu errichten, kam er nicht

mehr los. Dort wollte er den Wald roden und eine Feldflur schaffen, um Getreide anzubauen.

Ein Zusammenlegungsverfahren zu Beginn des Dritten Reiches machte aber seine Pläne zunichte.

Überhaupt wurden ihm seine politischen Ansichten und Aktivitäten zum Verhängnis, denn er machte auch nach 1933 keinen Hehl daraus, dass er sich mit der NS-Politik nicht anfreunden konnte. Er vertrat wohl sozialistische Ansichten, war also ein „Roter". Die genauen Gründe für seine wohl damals geplante Festnahme sind nicht bekannt.

Er war den NS-Machthabern verdächtig und schließlich stand seine Verhaftung bevor. Einige lokale „NS-Größen" und Gendarmen machten sich auf den Weg in den Wald, um Freese in seiner Hütte dingfest zu machen.

Während die Wohnstatt nach Beweismaterial gegen den Verdächtigen durchsucht wurde, erhielt Fritz Freese von einem der „Herren" wohlwollend die Erlaubnis, seine Tiere in den Stall zu bringen, um sie vor Raubwild zu schützen.

Mit einem Futternapf und Tierlockrufen entfernte sich Freese immer weiter von seiner Hütte.

Als die Männer bemerkten, dass sie einer List aufgesessen waren, blieb jedes weitere Suchen ohne Erfolg. Fritz Freese hatte seine Häscher durch einen einfachen Trick täuschen können. Indirekt hatte wohl auch die Nachlässigkeit eines SA-Mannes, der ihm wohl helfen wollte, sein Entkommen begünstigt.

Der erfolglose Versuch, Freese zu verhaften, brachte den Beteiligten Hohn und Spott der Bevölkerung ein.

Fritz Freese hatte sich aufgrund seiner hervorragenden Ortskenntnis durch die Wälder in den

benachbarten Regierungsbezirk Köln durchgeschlagen. Hier rieten ihm Bekannte zur weiteren Flucht nach Belgien.

Es ist nicht ganz klar, ob er von dort aus nach Amerika oder nach England auswanderte.

Vermutlich schlug er sein letztes Domizil in Oxford auf, wo er spätestens Mitte der 1950er Jahre verstorben sein soll. Der Ohlenharder Landwirt Konrad Brenner hatte zu diesem Zeitpunkt das bereits erwähnte Waldgrundstück „Auf Etscheid" von der Witwe Freese, die damals in Oxford wohnte, käuflich erworben.

Von seiner Hütte ist längst nichts mehr zu sehen und ein Foto von Freese konnte bisher nicht ausfindig gemacht werden. Spuren von diesem eigenwilligen Menschen sind nur noch in der Erinnerung von älteren Mitbürgern vorhanden.

Anmerkung:

Die Ausführungen stützen sich auf Erzählungen von älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern aus Ohlenhard und Umgebung sowie auf Informationen von Herrn Peter Weber.