800 Jahre St. Laurentius Ahrweiler - „Aktive Gemeinde“

Alfred Oppenhoff

Pfarrei Ahrweiler seit 1204

Die erste schriftliche Erwähnung der Pfarrei Ahrweiler geht zurück auf das Jahr 1204, obwohl Ahrweiler selbst weitaus älter ist und bereits im Güterverzeichnis der Abtei Prüm für das Jahr 893 erstmals namentlich erwähnt wird. Der historische Beleg für die früheste Nennung der Pfarrei beruht auf einem Rechtsstreit zwischen den Prämonstratenserabteien Steinfeld und Rommersdorf. Im Jahre 1204 sprach das Generalkapitel des Ordens in seinem Schiedsspruch dem Kloster Sayn, - einer Tochtergründung von Steinfeld und Rommersdorf benachbart – unter anderem Rechte in der Pfarrei Ahrweiler - „parochia arewilre“ – zu. Diese Urkunde befindet sich heute im Landeshauptarchiv Koblenz

Jubiläum 2004

Das Jubiläum 800 Jahre Pfarrei, so war es der gemeinsame Wunsch des Pfarrgemeinderates und des Pfarrgeistlichen, Dechant Jörg Meyrer, wurde 2004 von der Gemeinde gebührend gefeiert. Die über das gesamte Jahr verteilten Festlichkeiten und Aktivitäten sollten dabei in ihrer Gesamtheit Ausdruck der lebendigen Pfarrgemeinde sein. Der von der heutigen Gemeinde gewählte Jubiläumsbutton zeigte daher neben einem stilisierten Herz und Kreuz den Schriftzug „Aktive Gemeinde“. Das war und ist keineswegs hochmütig gewählt, sondern sagt genau das, als was sich die lebendige Gemeinschaft der Pfarrangehörigen selbst sieht und wie sie sich in diesen Tagen und Wochen bei ihren Feiern, aber auch in ihrem Alltag darstellte.

Zur Geschichte der Pfarrei

Logo „Aktive Gemeinde“ St. Laurentius Ahrweiler

Die Geschichte der Pfarrei Ahrweiler ist nicht die Geschichte der Tradition der Stadt mit ihren Mauern, Türmen und Toren, und auch nicht die des Gotteshauses selbst, so unerhört und einmalig es zur Zeit seiner Entstehung für die Pfarrgemeinde gewesen ist. Die Geschichte der Pfarrei ist vielmehr die Geschichte der Menschen, die innerhalb der Mauern dieser Stadt lebten. Zwar kennt niemand die Zahl der Bürger vor 800 Jahren. Bekannt ist aber, dass es meist Bauern, Winzer und Handwerker waren. Lesen und Schreiben beherrschte so gut wie kaum einer von ihnen. Die Ausmalung der Kirche mit den Darstellungen der Leidensgeschichte des Herrn, Szenen biblischen Geschehens und der Heiligenlegenden waren der Weg, den einfachen Menschen den Glauben augenfällig zu vermitteln. In den ersten Jahrhunderten der Geschichte der Pfarrei änderte sich nur wenig an den äußeren, wie den inneren Lebensumständen der Ahrweiler Bürger, sieht man einmal ab von dem Bau ihrer Pfarrkirche, die in ihrer Monumentalität und der Neuartigkeit ihres Baustils ungläubiges Erstaunen hervorgerufen haben muss. In dieser Zeit war die Benediktinerabtei Prüm in Ahrweiler größter Grundbesitzer und gleichzeitig Kirchenherr und stellte somit bis zur Säkularisation den Pfarrer. Vikare und Kapläne waren durchweg Weltgeistliche der Erzdiözese Köln, der die Pfarrgemeinde angehörte. Das änderte sich erst mit der politischen und kirchlichen Neuordnung des Rheinlandes im 19. Jahrhundert. Seit 1821 gehört die Pfarrgemeinde Ahrweiler zur Diözese Trier. Kriege und Seuchen waren die großen einschneidenden Ereignisse, mit denen die Menschen in hereinbrechenden Notzeiten fertig werden mussten. Viele von ihnen wuchsen in diesen Zeiten über sich selbst hinaus, setzten ihre Gesundheit und oft auch ihr eigenes Leben für ihre Mitmenschen ein. Nicht anders in der Pfarrgemeinde in Ahrweiler.

Pfarrer Servatius Otler

Eine dieser außerordentlichen Persönlichkeiten war Servatius Otler, 1626 bis 1667 Pfarrer in Ahrweiler. Er hatte in Vianden in Luxemburg das Licht der Welt erblickt und seine priesterliche Ausbildung in der Abtei Prüm bei den Benediktinern erhalten. Das Vertrauen seiner Vorgesetzten brachte es mit sich, dass er 1626 – der unheilvolle Dreißigjährige Krieg war bereits ausgebrochen, hatte seine Furien jedoch noch nicht ins Ahrtal gesandt – als Pfarrer in die wichtige Pfarrei Ahrweiler versetzt wurde. Gleichsam wie ein Strafgericht brach dann der Krieg mit all seinen Schrecken 1632 ins Ahrtal ein. Ahrweiler wurde von den Schweden unter General Baudissin bedrängt. Zusammen mit dem Ratsherrn Peter Develich erreichte Otler, dass die Stadt von einer Plünderung verschont blieb. Konnte er hier Schaden von sich und den Bürgern abwenden, war ihm dies wenige Zeit später gegenüber den Scharen des Bernhard von Weimar nicht möglich. Sie warfen den Pfarrer sogar ins Gefängnis. Dem Krieg folgten Friedensjahre. Doch neue Schrecken kamen über die Stadt und ihre Menschen. Die Pest wütete zwei Jahre lang in Ahrweiler und raffte mehr Menschen dahin als zuvor der Krieg an Opfern unter der Bevölkerung gefordert hatte. Der gütige, greise Pfarrer nahm den Kampf gegen die Geißel der Menschheit auf sich und verwandelte das Pfarrhaus mehr in ein Siechenhaus. Er selbst pflegte die von der Pest Befallenen aufopferungsvoll und wurde selbst eines ihrer letzten Opfer. Er fand seine letzte Ruhestätte im Chor der Pfarrkirche. Servatius Otler steht hier allein als einer unter vielen Pfarrangehörigen aus Ahrweiler, die in diesen Jahren Außerordentliches für ihre Mitmenschen taten. Mancher von ihnen tat das, was er meinte tun zu müssen, auch ganz im Verborgenen und sein Namen und seine Taten – sind uns nicht mehr im Einzelnen überliefert und bekannt. Doch anderes aus diesen bewegten und unruhigen wie unsicheren Jahren ist überliefert und sollte nicht unerwähnt bleiben, denn die Folgen forderten wieder die Gemeinde als Ganzes heraus, und es galt wieder, sich gegenseitig zu helfen und für die Allgemeinheit einzutreten

1689

Nur wenige Jahre später zogen erneut feindliche Kriegsheere durch das Ahrtal, brachten mit Plünderungen und der großen Brandschatzung vom 1. Mai 1689 neues Leid über die Menschen.

Der 1. Mai wurde zu einem der schwärzesten Tage in der Ahrweiler Geschichte. Franzosen brannten bis auf wenige Häuser alles nieder, auch das Gotteshaus. In gemeinsamer Kraftanstrengung der Bürger und ihrer Geistlichen wurden die Kriegsschäden überwunden. Stadt und Kirche entstanden neu aus den Trümmern. Große Verdienste erwarben sich dabei die Geistlichen Erasmus Theves und Primus Fey, die sich unverzagt trotz mancher Rückschläge und Anfeindungen stark beim Wiederaufbau, besonders der Pfarrkirche, engagierten. Nicht unerwähnt kann in diesem Zusammenhang Dechant Jakob Spurzem bleiben. Ihm fiel gut 200 Jahre nach den Zerstörungen die Aufgabe zu, Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts, die dringend notwendige Renovierung der Kirche, innen und außen, durchführen zu lassen. Bei dieser Gelegenheit wurden auch Bausünden, die bei der Beseitigung der Kriegsschäden von 1689 entstanden waren, wie am Kirchendach geschehen, beseitigt.

Peter Friedhofen und Blandine Merten

Und auch Menschen, Gemeindemitglieder, treten immer wieder hervor, ohne dass sie sich selbst gewollt in das Blickfeld schieben. In der St. Laurentius-Gemeinde sind beispielsweise zu nennen Peter Friedhofen und Blandine Merten. Für beide ist Ahrweiler zwar nicht ihre Vaterstadt, doch ihr Wirken hat sich überaus segensreich auch für Ahrweiler ausgewirkt. Peter Friedhofen, der in Ahrweiler im 19. Jahrhundert einige Jahre als Schornsteinfesger arbeitete, bevor er seinen Wunsch verwirklichen konnte, mit Gleichgesinnten in einer Bruderschaft sich für Arme und Bedürftige einzusetzen, lernte hier die damals weit verbreitete Armut im Verborgenen kennen. Und auch die Ursulinenschwester vom Calvarienberg, Schwester Blandine, hinterließ Spuren - Spuren und Zeichen, denen auch heute Menschen folgen. Beide, Bruder Peter Friedhofen und Schwester Blandine, hat Papst Johannes Paul II. zur Ehre der Altäre erhoben und „Selig“ gesprochen.

Cyrillus Jarre

Und dann ist da noch Cyrillus Jarre, der schon in jüngsten Jahren sich zu den Franziskanern hingezogen fühlte, ihre Schule besuchte und von ihnen die priesterliche Ausbildung erhielt. Er sah seine Berufung in der Missionsarbeit in China. 50 Jahre wirkte er dort. Er starb als Märtyrer an den Folgen der unmenschlichen Haft, in die ihn die Roten Herrscher Chinas geworfen hatten. Chinesische Christen verehren den Mann, der ihnen den Glauben brachte und der 1952 für seinen und ihren Glauben starb. Sie halten ihn für einen Heiligen: einen Heiligen aus der Pfarrgemeinde St. Laurentius in Ahrweiler.

Die aktive Pfarrgemeinde

Wenn man sich heute in Ahrweiler nach „Aktiver Gemeinde“ umschaut, braucht man nicht lange zu suchen: Viele Mitmenschen haben sich immer wieder für die Gemeinschaft eingesetzt und engagieren sich immer wieder auf ein Neues: sei es bei den Renovierungsarbeiten innen und außen an der Kirche, bei der Beschaffung der neuen Orgel und der Orgelerweiterung, dies gerade im Jubiläumsjahr 2004 geschehen, beim Bau des Alten- und Pflegeheims St. Maria-Josef, bei der Errichtung der neuen Pfarrei St. Pius und der damit verbundenen Abtrennung eines Teils des bisherigen Pfarrsprengels von St. Laurentius, bei der Vervollständigung des Geläuts im Jahr 2003 auf wieder acht Glocken, wie vor dem Brand von 1689: Das alles sind Ereignisse und Aktivitäten, die von vielen Menschen getragen wurden und werden. Und wie es heute in der Pfarrgemeinde aussieht, das zeigt die von Gemeindemitglieder erstellte Festschrift zum Jubiläum „800 Jahre Pfarrgemeinde.“ Das Autorenteam hat ausdrücklich Wert darauf gelegt, die lebendige Gemeinde zu Wort kommen zu lassen. Es entstand dabei ein interessanter Querschnitt durch das Leben in der Gemeinde, der zeigt, worauf die Gemeindemitglieder stolz sein können: Auf die Menschen, die sich heute in der Pfarrei engagieren, die heute hier Gemeinde sind und das in enger Verbundenheit mit den Nachbargemeinden, über den eigenen Kirchturm hinaus. Auf die Beachtung der Gemeinschaft richtete sich auch das Hauptaugenmerk der jeweiligen Veranstalter bei allen Feiern, die in diesem Jubiläumsjahr in der Pfarrgemeinde St. Laurentius ausgerichtet wurden.

Empfang von Bischof Reinhard Marx in Ahrweiler zum Festhochamt am 23. Mai 2004

Sehr augenfällig zeigte sich das auch beim Höhepunkt der Festveranstaltungen. Das war das Pontifikalamt mit dem Diözesanbischof von Trier,  Dr. Reinhard Marx, am Sonntag, 23. Mai 2004. Die ganze Gemeinde mit all ihren Institutionen, Einrichtungen, Gruppierungen, Vereinen und Gesellschaften war an diesem festlichen Geschehen beteiligt. Doch eine Gruppe war besonders bevorzugt und das passte sich, ob gewollt oder ungewollt, wie selbstverständlich in das Festgeschehen ein. Bischof Dr. Reinhard Marx hatte den Wunsch geäußert, die Spendung des Sakraments der Firmung für 42 Firmlinge in das Festhochamt einzubeziehen. Eine Einladung der Pfarrgemeinde vereinte im Laufe des Nachmittags die geladenen Gäste mit den Gemeindemitgliedern im Bürgercentrum, wo auch ein angemessener Zeitraum dem Festkommers eingeräumt war, einem Festkommers in besonderer Form. Er wurde von der Jugend der Pfarrgemeinde gestaltet, die hierzu Gespräche mit dem Diözesanbischof, dem Kölner Erzbischof Joachim, Kardinal Meissner, dem ehemaligen Ahrweiler Pastor Mettel, Landrat Dr. Jürgen Pföhler und Bürgermeister Dr. Hans-Ulrich Tappe sowie 21 weiteren Ansprechpartnern per Video aufgezeichnet hatte und im Bürgercentrum bei der zwanglosen Festversammlung vorführte. Ehrengäste waren an diesem Festtag die Geistlichen, die in früheren Jahren seelsorgerisch in der Pfarrgemeinde tätig gewesen waren, wie auch Angehörige geistlicher Berufe, die aus Ahrweiler stammen sowie Vertreter aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Und so wie dieser Tag die Gemeinde als „Aktive Gemeinde“ zeigte, genau so waren im Laufe des Jahres auch immer wieder die weiteren auf das Jubiläum ausgerichteten Festtermine gestaltet: von Institutionen in der Gemeinde für die Gemeindemitglieder. Besonders schön und eindrucksvoll zeigte sich das auch beim Pfarrfest, das an drei Tagen – zeitlich in der Nähe des Namensfestes des Pfarrpatrons St. Laurentius – im August gefeiert wurde. Es bot für alle Alterstufen und Gruppierungen der Gemeinde etwas: Vom Open-Air-Rock-Konzert über eine Ausstellung im Museum der Stadt, die aber schon länger angeboten wurde und Schätze der Gemeinde und Erinnerungsstücke, Bilder, Akten und Unterlagen frührerer Jahre präsentierte, über Senioren, Familien- und Jugendgottesdienst bis hin zum unterhaltsamen Abend mit einer Spielschau.

„Rheinische Lebensfreude prägte das Leben der Pfarrgemeinde in guter Weise bis heute, wovon die guten Beziehungen der Pfarrei zu den örtlichen Vereinen und die Mitgestaltung des öffentlichen Lebens ein beredtes Zeugnis geben.“ So lobte Bischof Dr., Reinhard Marx in seinem Grußwort das Leben der Gemeinde. Gebe Gott seinen Segen, dass dies auch weiterhin so bleibt.

Literatur:

Kath. Kirchengemeinde St. Laurentius Ahrweiler (Hrg.): 800 Jahre Pfarrgemeinde 1204 - 2004 in Ahrweiler. Ahrweiler 2004.