Neues Schrifttum über den Kreis AW

Ausgewählte Neuerscheinungen und Besprechungen

Zusammengestellt von Jürgen Haffke

1. Ausgewählte Neuerscheinungen

Dieser Bericht schließt an den Bericht im Heimatjahrbuch 2004 (S.251-254) an.

Kreis Ahrweiler/Eifel

Verbandsgemeinde Adenau

Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler

Verbandsgemeinde Brohltal

Gemeinde Grafschaft

Stadt Remagen

Stadt Sinzig

2. Besprechungen

Wolfgang Herborn: Der Weinbau an der Ahr im Frühen und Hohen Mittelalter. Das Werden einer Weinlandschaft. Wiesbaden 2004. (Schriften zur Weingeschichte 146)

Erstmals hat sich ein erwiesener Fachmann für Rheinische Landesgeschichte, Dr. Wolfgang Herborn von der Universität Bonn, mit der Geschichte des Weinbaus im Ahrtal befasst. Alle bisher erschienenen Arbeiten zu diesem Thema waren von Geographen oder Volkswirten geschrieben worden. Meist stand dann das 19. und 20. Jh. im Mittelpunkt. Dagegen blieben die Informationen über die römische und mittelalterliche Zeit sehr oberflächlich. Das ist jetzt anders. Auf 75 Seiten setzt sich Dr. Herborn genauestens mit der Quellenlage auseinander und kommentiert die ältesten Erwähnungen des Weinbaus an der Ahr vom 8. bis einschließlich des 13. Jh. So entsteht ein Eindruck, wie durch Bauern- und Winzerfleiß im Verlauf von Jahrhunderten das uns vertraute Bild der Weinbaulandschaft Ahrtal gewachsen ist. Die Bedeutung Ahrweilers als frühes Zentrum des Weinbaus wird deutlich. Wie Bauern zu Winzern werden, wie zugewanderte Winzer ihre Fähigkeiten an die hiesige Bevölkerung weitergeben, wie der Weinbau die Mittel- und Oberahr erobert, all das und vieles mehr wird minutiös aus den Quellen herausgearbeitet. Mit seiner Arbeit hat Dr. Herborn das wichtigste Werk geschaffen, das es bisher über die Geschichte des Ahrweinbaus gibt und lange Zeit nicht übertroffen werden wird. Der Gesellschaft für Geschichte des Weines (Sitz in Neustadt)  ist die Herausgabe der Forschungen von Dr. Herborn als Heft 146 zu verdanken. Da das Heft (6,--Euro zuzügl. Versand) nicht im Buchhandel vertrieben wird, erfolgt hier ein Hinweis auf die Bezugsmöglichkeit: Herr Dieter Eichenberg, Ernst-von-Harnack-Straße 9, 65197 Wiesbaden, Tel./Fax 0611 – 46 41 76, E-Mail: Dieter-Eichenberg@onlinehome.de. Insgesamt lohnt sich auch ein Blick in das Schriftenverzeichnis der Gesellschaft für Geschichte des Weines im Internet: www.geschichte-des-weines.de , das man ebenfalls für eine Bestellung nutzen kann. Jedem, der sich ernsthaft für die Geschichte seines Heimatraumes interessiert, sei das Heft von Dr. Herborn unbedingt empfohlen. Für die heimischen Winzer, Weinhändler und alle Ahrweintrinker  ist es eigentlich eine Pflichtlektüre, der weiteste Verbreitung zu wünschen ist. Der Autor hat nicht nur eine große Kiste Spätburgunder vom besten Fass verdient, man sollte an der Ahr ernsthaft darüber nachdenken, wie man dieses Heft in Absprache mit der Gesellschaft für Geschichte des Weines, angereichert mit einigen Karten und Abbildungen, als Sonderausgabe auf den Markt bringen könnte.

Jürgen Haffke

Barbara Otzen, Hans Otzen: Die Ahr. Weinlandschaft zwischen Eifel und Rhein. Mit Fotos von Leserinnen und Lesern des General-Anzeigers. Bonn 2004.

Es ist kein üblicher Bildband mit vielen Großaufnahmen und wenig Text in den Bildzeilen, es ist auch kein Textband, ähnlich etwa Josef Rulands „Streifzügen im Ahrtal“ von 1983. Selbst wenn die Textautoren Barbara und Hans Otzen im Vorwort auf Gottfried Kinkels grundlegendes Werk von 1845 „Die Ahr. Landschaft, Geschichte und Volksleben“ verweisen und geloben „Wir wollen Kinkels Wegen folgen“, den Tiefgang seiner Betrachtungen streben sie nicht an und seinen kritischen Blick für die Verhältnisse seiner Zeit lassen sie für unsere Gegenwart vermissen, was bedauerlich ist. Dennoch, das vorliegende Buch ist ein schönes Buch. Eine Vielzahl von hervorragenden Farbaufnahmen, in bester Qualität gedruckt, vermitteln ein gutes Bild von Stadt und Land an der Ahr von den Quellen in Blankenheim bis zur Mündung bei Kripp.  Dass diese Photos von Laien beigesteuert worden sind, zeugt einmal von dem professionellen Niveau dieser Photographen, zum anderen von einer glücklichen Hand derer, die die Auswahl und Zusammenstellung der Bilder besorgt haben. An sich ist die Idee sinnvoll, einigen übergreifenden Kapiteln über Landschaft, Geschichte, Weinbau und Freizeit die Portraits der Dörfer und Städte dem Flusslauf folgend anzuschließen. Gerade diese Porträts erscheinen allerdings häufig absurd, da sie Informationen über die rasante Entwicklung der letzten 50 Jahre (Siedlungsausbau, Strukturwandel der Landwirtschaft und des Weinbaus, Industrialisierung, Verkehrsbeziehungen, Einkaufsverhalten usw.) fast völlig  aussparen, dagegen Daten aus den 1000 Jahren davor bevorzugen. Praktisch sind die zahlreichen Hinweise auf die touristische Infrastruktur. Wenn es auch mehr Mühe macht, einen Stab verschiedener Autoren zur Mitarbeit zu bewegen, die Qualität der Informationen über lokale Gegebenheiten wird sich dadurch verbessern lassen. Insofern wäre es ideal, wenn sich in absehbarer Zeit eine zweite überarbeitete Neuauflage dieses optisch schönen, inhaltlich verbesserungsfähigen Werkes verwirklichen ließe.

Jürgen Haffke

 Michael Losse: Theiss Burgenführer Hohe Eifel und Ahrtal. 57 Burgen und Schlösser. Hrsg. v. Joachim Zeune. Stuttgart 2003.

Wenn Autor, Herausgeber und Verlag ihr Handwerk beherrschen, dann ist das Ergebnis eines gemeinsamen Projektes in der Regel sehr gut. Dieses Urteil verdient Dr. Michael Losse, Historiker und Kunsthistoriker, für seinen Burgenführer Hohe Eifel und Ahrtal uneingeschränkt. Der erwiesene Kenner des Eifelraums und Spezialist für Burgenforschung gibtzunächst gelungene Überblicke über die Geographie, Geschichte und Burgenkunde seines Untersuchungsgebiets, bevor er in alphabetischer Abfolge (von „Adenau“ bis „Wildenburg“) 57 Burgen und Schlösser im Detail vorstellt. Angereichert mit Grundrissen und Abbildungen der Bauwerke entsteht so ein knappes, aber präzises Porträt jeder Anlage, das auch Forschungsdefizite nicht verschweigt. Erneut legt der renommierte Theiss-Verlag mit diesem Buch ein Werk vor, das inhaltlich und gestalterisch vorbildlich ist und für Jahrzehnte Maßstäbe setzt. Besprechungen von guten Büchern können kurz sein: Das Buch gehört in die Bibliothek eines jeden Heimatfreundes!

Jürgen Haffke

Dieter Schewe: Geschichte Sinzigs und seiner Stadtteile – Angelpunkte der Römer, Karolinger, Staufer zwischen Ober- und Niederrhein – 40 bis 1257, Geschichtsforschungen Rheinlande, Sinzig 2004, 532 Seiten

Mit seiner vorstehenden, umfangreichen Monographie knüpft der Historiker Dieter Schewe methodisch an seine 1995 erschienene Untersuchung über den Sinziger Zehnthof (19. und 20. Jahrhundert) an und lenkt dabei den Blick auf die Entwicklung der mittelalterlichen Königspfalzen von den römischen Vorläuferbauten des 1. nachchristlichen Jahrhunderts bis zum 13. Jahrhundert. Dabei bezieht er jeweils gleichermaßen die allgemeingeschichtlich-politischen Rahmenbedingungen am Mittelrhein und architektonisch-baugeschichtliche Parallelentwicklungen in anderen Städten des Deutschen Reichs in seine historische Analyse mit ein. Gestützt auf Königsurkunden, Privilegien und zentrale Chroniken entwickelt er für Sinzig eine erstaunliche Kontinuität von der Römerzeit bis ins Hochmittelalter, die sich sowohl in der jeweiligen Bebauung des heutigen Innenstadtzentrums auf dem Kirchberg mit Zehnthof, St. Peter und Rathaus sowie der angrenzenden Bachovenstraße, als auch in der geostrategischen Bedeutung Sinzigs im Schnittpunkt der über die Jahrhunderte hindurch bedeutsamen Fernstraßen Worms -Mainz - Koblenz - Andernach - Sinzig - Remagen - Köln - Xanten und Sinzig - Aachen -Flandern niederschlägt. Schewe erstellt eine recht geschlossene Chronologie der Geschichte des Ortes und der späteren Stadt Sinzig als deren herausragende Fixpunkte er den Beginn der Militärziegelei 40 n. Chr., das Auftreten des Namens Sentiaco und seine Zuordnung zum späteren Sinzig um die Mitte des 1. Jahrhunderts und Sakralbauten (Tempel, Ehrenmal oder Altar) auf dem Kirchberg (ca. 315-352) ansieht. Weitere – und zwar politische – Marksteine bilden die Jahre 762 – Sinzig als karolingische Pfalz – und 842 mit der Flucht Kaiser Lothars I. aus Sinzig sowie die Regierungszeit Kaiser Friedrichs I. Barbarossa. Zu den 4 nachgewiesenen Aufenthalten des Kaisers in den Jahren 1152, 1158, 1174 und 1181 kommen noch 12 Kurzaufenthalte in Sinzig auf dem Weg zu anderen Städten bzw. Pfalzen (vgl. S 281 ff.). Wie schon unter den sächsischen und salischen Kaisern/Königen, diente auch die Königspfalz Sinzig der Vorbereitung bzw. Unterstützung der kaiserlichen Reichs- und Italienpolitik – vor allem aufgrund ihrer verkehrsgünstigen Lage am Rande des staufischen Einflussbereiches (vgl. S. 203, 248, 283 ff.). Dabei legt Schewe die Jahrhunderte lange Bindung Sinzigs an das Aachener Reichstift dar und fördert neue Erkenntnisse nicht nur zur Baugeschichte von St. Peter, sondern auch zur Weinbautradition und der Geschichte des untergegangenen Ortes Krechelheim zutage. Insgesamt erweist sich das Werk von Herrn Schewe – auch in der Tradition seiner historischen Vortragsreihe im Sinziger Zehnthof – als wichtiger Beitrag zur Geschichte der Sinziger Stadtwerdung bis zum 13. Jahrhundert.

Dr. Wolfgang Dietz