Aus dem bäuerlichen Alltag früherer Zeiten: Der Notstall

Peter Weber

Ältere Dorfbewohner werden sich noch an den Notstall erinnern, den es beim Dorfschmied gab. Er war außerhalb der Schmiede und überdacht. Es soll auch Notställe in der Schmiede gegeben haben. In der Zeit, da man Kuh- und Ochsengespanne als Zugkräfte einsetzte, mussten die Tiere von Zeit zu Zeit beschlagen werden. Für das Jungvieh war öfter auch ein Klauenschnitt notwendig, wenn durch die Stallverhältnisse die Klauen sich falsch entwickelten. Es gab Pantoffelklauen oder Schnabelklauen. Solche verursachten den Tieren Schmerzen, vor allem, wenn die Tiere ganzjährig im Stall gehalten wurden. Bei Milchkühen führte es zu Leistungsminderung. Bei den Ochsen konnte nach kleinen Verletzungen an den Klauen der Hinterbeine die Zwischenklauenentzündung entstehen. Im Volksmund wurde sie „Katong“ genannt. Diese Tiere lahmten und mussten vom Tierarzt behandelt werden. Die Arbeitstiere erhielten je nach Verschleiß neue Eisenbeschläge. Manche Tiere versuchten das zu verhindern und mussten durch gutes Zureden oder andere Nachhilfen in den Notstall gebracht werden. Für die Behandlung der Klauen an Vorder- oder Hinterbeinen waren am Notstall Einrichtungen vorhanden, um die Beine und Klauen festzuhalten.

Bei der Behandlung der Hufe bei Pferden und beim Beschlagen mit neuen Hufeisen musste ein Mann das Bein des zu bearbeitenden Hufes hochhalten, was nicht immer leicht war. Fohlen waren besonders schwierig zu behandeln. Sie kamen von der Weide und waren an Zwang nicht gewohnt. Mit einer Maulbremse versuchte man sie ruhigzustellen. Schlugen sie nach hinten aus, konnte man sie dadurch zähmen, dass man an den Hinterbeinen Stricke befestigte, die zwischen den Vorderbeinen durchgeführt oberhalb des Halses verknotet wurden.

Bei den Kühen hat man zuerst die Klauen der Kühe im Notstall bearbeitet. Die Spitzen wurden mit einer speziellen Zange gekürzt. Der Trag­rand musste begradigt, die Sohle geglättet und dann für das Eisen Maß genommen werden. Das Eisen, „De Blätt“, im Schmiedefeuer glühend gemacht, wurde noch ein bisschen verändert und auf die bearbeitete Klaue gepresst und eingebrannt, denn das „Horn“ war gefühllos. Es entstand Rauch und ein ganz besonderer „Duft“, den ich sehr gern mochte. Das Vorderteil des Eisens musste angepasst werden und dann, wenn alles passte, das Eisen abgekühlt war, hat man die Nägel eingeschlagen. Dabei hielt der Schmied ein Eisen außerhalb gegen die Klaue, damit der Nagel richtig durch die Klauenwand kam und nicht lebende Teile verletzte, was zu Schmerzen für das Tier geführt hätte. Nach dem Beschlagen trabte die Kuh dann sichtlich froh, dem notwendigen Zwang entronnen zu sein, mit ihrem Besitzer in den heimischen Stall.

Notstall vor einer Dorfschmiede