Waldjugendspiele im Kreis Ahrweiler

Hannsjörg Pohlmeyer

Mit schöner Regelmässigkeit kann man im Mai und Juni eines jeden Jahres in der Tagespresse etwas von der „Waldolympiade", dem „grünen Klassenzimmer" oder dem „Tag mit dem Förster zum Anfassen" lesen. Gemeint sind damit die Waldjugendspiele, die seit 1991 auch im Kreis Ahrweiler veranstaltet werden. Die beiden hier vertretenen Forstämter Adenau und Ahrweiler sind zwei von insgesamt 25 Standorten in Rheinland-Pfalz, an denen Schulklassen des dritten und siebten Schuljahres jeweils die Themenfelder Wald und Umwelt besonders anschaulich nahe gebracht werden.

Auf Landesebene zeichnen die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Landesforsten sowie das Kultusministerium für dieses umweltpädagogische Großereignis verantwortlich. Auch wenn keine exakten Zählungen der Teilnehmer durchgeführt werden, haben allein im Kreis Ahrweiler bisher sicher gut 10 000 Schülerinnen und Schüler aller Schularten wenigs­tens einmal in ihrer Schulzeit einen solchen Tag zusammen mit einem Förster im Wald verbracht. Die aktuellen Veranstaltungsorte Adenau und die Mönchsheide bei Bad Breisig bieten ideale Voraussetzungen für die Durchführung solcher Großereignisse mit bis zu 1000 Teilnehmern. Dies gilt sowohl für die Infrastruktur als auch für die vorhandenen Waldparcours, die besonders abwechslungs- und erlebnisreich sind.

Wissensvermittlung und spielerischer Wettbewerb

Man sollte meinen, in einem waldreichen Kreis sei das nichts Besonderes. Die ungebrochene Nachfrage zeigt jedoch, dass der Bedarf an au­thentischer Information groß ist. Was also ist es, das jeweils rund 70 Schulklassen mit ihren Lehrkräften in den Wald der beiden aktuellen Standorte in Adenau und Bad Breisig treibt? Befragungen haben ergeben, dass das Erfolgsgeheimnis in einer interessanten Mischung aus Wissensvermittlung und spielerischem Wettbewerb besteht. Zusammen mit einem so genannten Patenförster absolviert die jeweilige Schulklasse einen altersgerecht angelegten Parcours im Wald, der an verschiedenen Stationen einen bunten Strauß an Aufgaben bereithält. Dabei steht weder sprödes Abfragen von Wissen im Vordergrund, noch die herausragende Leistung einzelner. Gefragt ist immer die Klasse als Team, das gemeinsam erarbeitet, entdeckt und Probleme löst. Das reicht vom Beobachten und Erkennen unterschiedlicher Tierpräparate und Pflanzenarten über das richtige Verhalten in der Natur bis hin zu sportlich betonten Stationen. Auch Aufgaben und Tätigkeitsfelder von Waldarbeitern und Förstern sind ebenso einbezogen wie die Ausübung der Jagd. In der Sprache der Pädagogik würde man von „anwendungsorientiertem Wissen" oder von „Problemlösungskompetenz" sprechen. Anders ausgedrückt, werden die Kinder mit allen ihren Sinnen angesprochen und über das Gemeinschaftserlebnis spielerisch an Wissen und Inhalte heran geführt, die ihnen sonst vielleicht eher als „uncool" erscheinen würden.

Dabei stehen zwei Dinge in der „Motivationsskala" ganz oben. Das eine ist das Erlebnis mit dem Patenförster, der nicht als stummer Assis­tent im Hintergrund beim Bewältigen der Aufgaben fungiert, sondern als Begleiter während der gesamten Veranstaltung den Zugang zu Wald- und Umweltthemen eröffnet. Diese Schlüsselfunktion ist nicht nur durch Teilnehmerbefragungen belegbar, sondern auch durch einen praktischen Versuch: Da die Zahl der Förster für solche Großveranstaltungen begrenzt ist, wurden Konzepte erprobt, bei denen Schulklassen nur mit ihrem Lehrer auf den Parcours geschickt wurden. Die Erwartung, damit höhere Teilnehmerzahlen bewältigen zu können, wurde zwar erfüllt, doch die Beurteilung durch die Schülerinnen und Schüler war eher zurückhaltend. Auch wenn jeder Förster seinen eigenen Stil hat und keineswegs pädagogisch geschult ist, scheint seine Attraktivität derjenigen der Kollegen in populären Fernsehserien in nichts nach zu stehen. Bei den erwähnten Befragungen war das Urteil der Lehrer über die begleitenden Förster zu 92% „sehr gut".

Das zweite Erfolgsgeheimnis liegt eher ein wenig im Hintergrund: die Vor- und Nachbereitung im Unterricht. Offenbar lernt es sich mit einem konkreten Ziel vor Augen besonders gut – zumal das Interesse durch die Erzählungen der Vorjahresteilnehmer noch geschürt wird.

Besonderer Wert wird bei der Konzeption der Inhalte auf die Erfahrungen der jeweiligen „Absolventen" der Veranstaltungen gelegt. Ihre Eindrücke werden abgefragt, ausgewertet und in den künftigen Waldjugendspielen berücksichtigt. Ein lernendes System, bei dem jeder vom anderen profitiert. Das gilt auch für die Förster, die hautnah erfahren, wie es um das. Interesse am Wald bestellt ist. Dass es sich auch für sie um mehr handelt, als bloße Pflichterfüllung, zeigt sich daran, dass nicht nur die beiden vollzähligen Forstamtsteams mithelfen, sondern auch zahlreiche Pensionäre, Kollegen aus benachbarten Kreisen, Jäger, Naturfreunde und eine ganze Reihe von Privatpersonen.

Waldjugendspiele Bad Breisig 2005: Beim Umsetzen
eines Holzstoßes kommt es auf gute Koordination und Schnelligkeit an.

Auch die künstlerischen Talente werden mit einbezogen. Mit wechselnder Themenstellung setzen sich die teilnehmenden Klassen in Form von Gemälden im Kunstunterricht mit dem Wald auseinander. Das klassenbeste Bild wird als Beitrag zum Wettbewerb am jeweiligen Standort eingereicht. Die dort gewählten und prämierten Kunstwerke werden auf Landesebene in einer Ausstellung gezeigt. Auch erfahrene Jurymitglieder zeigen sich immer wieder überrascht, mit welch großem Engagement und hohem künstlerischem Niveau gearbeitet wird.

Eine schöne Erfahrung verdient es, hervorgehoben zu werden: Unmotivierte und desinte­ressierte Schüler sind nach den Erfahrungen in unserem Kreis die absolute Ausnahme. Dabei gibt es keine „geborenen Favoriten". Unter den bisher Platzierten waren Klassen sämtlicher Schularten. Offenbar werden unterschiedlichste Talente angesprochen und gefördert. Vielen Schulklassen wurde durch die Veranstaltung Appetit auf weitere Waldbesuche gemacht.

Verständnis für den Wald

Waldjugendspiele tragen dazu bei, bei Schülerinnen und Schülern in spielerischer und erlebnisorientierter Form ein nachhaltiges Verständnis für den Wald als Teil der natürlichen Umwelt zu wecken sowie ein positives Umweltbewusstsein aufzubauen. Das hohe Inte­resse bei den Schulen zeigt, dass auch in einem überdurchschnittlich waldreichen Kreis keine selbstverständliche Vertrautheit mit der eigenen Umgebung voraus gesetzt werden kann. Aus den Erfahrungen der Patenförster kann gesagt werden, dass es nur einzelne Schüler sind, die über das Brennholzmachen in der Familie, einen jagenden Verwandten oder naturkundliches Interesse mit Waldthemen vertraut sind. Umso grösser scheint das Interesse bei den Mitschülerinnen und –schülern zu sein, gezielt herangeführt und aufmerksam gemacht zu werden. Angesichts der permanenten Reizüberflutung mit schnellen Bildern, ist die „Entdeckung der Langsamkeit", des Unspektakulären und der verborgenen Schönheiten eine spannende Aufgabe. Wir sollten sie nicht ausschließlich auf solche Veranstaltungen „auslagern"– so wertvoll sie auch sein mögen. Vor unserer Hautüre warten Naturschönheiten von europäischem Rang auf ihre Entdeckung. Wann waren Sie zuletzt im Wald?

Waldjugendspiele 2005 in Bad Breisig: Nicht die Schnellsten gewinnen, sondern die, die das meiste Wasser in der vorgegebenen Zeit transportieren.