Einstein-Kongress in München

Bericht über meine Teilnahme als Schüler des Are-Gymnasiums an diesem Schülerkongress

O l i v e r F r e y e r m u t h

Das Are-Gymnasium Bad Neuenahr konnte es einem Schüler ermöglichen, am EinsteinKongress in München teilzunehmen.

Dank meines physikalischen Interesses hatte ich aus der Jahrgangsstufe 12 die Möglichkeit, diese Chance zu nutzen. Vom 1.12. bis3.12.2005 erlebte ich in München eine einmalige Zeit. Ich erhielt Einblicke nicht nur in Einsteins Leben und seine Theorien, sondern auch in die heutige Forschung. Obwohl ich als einziger aus dem Kreis Ahrweiler unter mehr als 250 Schülern und einigen wenigen Lehrern aus der gesamten Bundesrepublik in München ankam, fand ich dort sehr schnell Anschluss bei anderen Rheinland-Pfälzern, die bereits Erfahrungen mit ähnlichen Schülerkongressen gesammelt hatten. Den Ablauf des spannenden Kongresses, seine Zielsetzung und Ergebnisse werde ich hier in groben Zügen vorstellen.

Begrüßung und erste Vorträge

Am ersten Tag wurden wir in der Technischen Universität (TU) München durch den Präsidentender Universität begrüßt, bevor mit zwei Festvorträgen die wirklich interessante Zeit begann. Im ersten, den Professor Dr. Armin Hermann hielt, erfuhren wir alle Details über Einsteins Leben und seine ersten Erfolge. Dabei wurde auch nicht ausgespart, dass er als einer der ersten die Bedrohung durch das Dritte Reich und den möglichen Missbrauch seiner Ergebnisse erkannte. Als Jude im Exil war er ja von der nationalsozialistischen Politik selbst betroffen. Interessant war es, zu erfahren, wie aus dem kleinen Mann im Patentamt der große Wissenschaftler wurde, der mit seiner Vorstellungskraft die Welt völlig anders deutete als dies je zuvor für möglich gehalten werden konnte. Ein Vortrag von Prof. Dr. Karl-Heinz Lotze von der Universität Jena befasste sich mit den Auswirkungen der Einstein’schen Theorien und zeigte, dass diese dafür verantwortlich sind, dass wir, wenn wir in den Himmel blicken, nicht nur Dinge sehen, die schon längst Vergangenheit sind, sondern, wenn wir Glück haben, auch sehen können, was hinter anderem verborgen ist. Durch Einstein ist uns klar geworden, dass das, was wir sehen, nicht unbedingt das ist, was real existiert; zumindest, sobald wir in den Himmel blicken, denn solche Effekte treten meist erst bei unvorstellbaren Entfernungen oder Geschwindigkeiten auf.

Oliver Freyermuth: Er berichtete seinen Mitschülern vom Einstein-Kongress in München.

…bis hin zu wissenschaftlichen Einblicken am zweiten Tag

Am nächsten Tag sollte uns ein volles Programm erwarten, das im Lise-Meitner-Gymnasium bei München begann und abends dort auch endete. Der Organisator Thomas Heine führte in das Tagesprogramm ein. Als erstes erwartete uns hier die Möglichkeit, einzelne Projekte (zum Teil auch von Schülern) zu begutachten und Fragen zu stellen, oder aber in diversen Vorträgen etwas mehr über Einstein und seine Theorien zu erfahren. Ich wählte einen Vortrag von Dr. Ekkehart Sieker, einem Wissenschaftsjournalisten, der vielleicht durch seine Beiträge zur „Sendung mit der Maus“ einigen ein Begriff sein wird. Er erklärte, wie Einsteingedacht haben muss, um seine Theorien zu erarbeiten, und stellte klar, dass diese zwar einfach zu verstehen sind, aber der gedankliche Weg dorthin uns als ziemlich „schräg“ erscheinenmag.

Ist unsere Bildung wirklich so schlecht?

Eine Podiumsdiskussion, die aufgrund des sehr engen Zeitplans vorzeitig abgebrochen werden musste, folgte diesem Vortrag. Dabei wurde in der Kommunikation zwischen Vertretern und Vertreterinnen einzelner Bildungsinitiativen, Sponsoren, Prof. Dr. Sieker und uns Schülern klar, dass nicht nur wir, sondern auch die Lehrer wieder verstärkt Interesse am Unterricht gewinnen müssen. Viele bemängelten, dass naturwissenschaftlicher Unterricht oft in Einzelstunden stattfindet und selten die Möglichkeit besteht, sich noch danach mit dem Lehrer / der Lehrerin zu unterhalten und Fragen zu stellen.

Exkursionen in die Tiefen der Physik…

Auf diese Diskussion folgte die Möglichkeit, an einer von mehreren Exkursionen teilzunehmen. Neben dem DLR (Deutsches Luft- und Raumfahrtzentrum), dem EADS (engl.: „European Aeronautic Defence and Space Company“; ein europäischer Luft- und Raumfahrt-Konzern, der unter anderem für die Rüstungsindustrie baut), der Einsteinausstellung im Deutschen Museum (München) und einer Veranstaltung von O2 (ein Mobilfunkkonzern, der hier als einer der Sponsoren auftrat) standen auch die Max-Planck-Institute (MPI) in Garching bei München zur Wahl. Ich entschied mich hier für das Max-Planck-Institut für Quantenoptik, das sich in direkter Nähe zum MPI für Astrophysik und extraterrestrische Physik befindet, denn genau hier liegen meine Interessensgebiete. Fragen der Astro und Quantenphysik beschäftigen mich auch außerhalb der Schule. Hier liegt nicht nur die Zukunft der heutigen Forschung, sondern vielleicht auch die Antwort auf die grundlegenden Fragen der Menschheit. In dieser Exkursion konnten wir Schüler endlich mal einen Blick in die Labore werfen und mit den Wissenschaftlern vor Ort selbst reden, obwohl auch hier die Zeit leider sehr knapp bemessen war. Aus nächster Nähe konnten wir die Gerätschaften sehen, mit denen man Atome für kurze Zeit einfangen und „anhalten“ kann, sodass sich völlig neue Möglichkeiten für die Grundlagenforschung ergeben. Genau dafür sind diese Institute sehr berühmt, wenn man sich zum Beispiel an Nobelpreisträger Dr. Theodor Hänsch erinnert, dessen Labor und Versuchsaufbau uns auch nicht verborgen blieben. Zu Beginn gab es eine kurze Einführung darin, was eigentlich an diesem Instituterforscht wird. Nach dem Rundgang durch die Labore erwartete uns noch ein Abschlussvortrag zu den Gravitationswellen, der zeigte, wie wir vielleicht bald herausfinden können, ob die Neutrinos eine Masse haben. Viele haben davon sicher schon einmal gehört, und sei es in Science-Fiction-Filmen, die sich zwar von Forschungsergebnissen inspirieren lassen, aber mit der realen Wissenschaft meist wenig zu tun haben.

…und schließlich Entspannung mit dem Einstein-Theater

Hier war unser Tag noch lange nicht zu Ende:
Zunächst ging es mit dem Bus noch einmal an der nun beleuchteten Allianz-Arena vorbei, die ja besonders durch die Fußball-Weltmeisterschaft2006 berühmt wurde und als eines der modernsten Stadien gilt. Danach erreichten wir wieder das Lise-Meitner-Gymnasium, wo uns ein fantastisches Einstein-Theater der Schülererwartete. Eine sehr interessante Interpretation, in der Einstein noch heute in einer Klinik lebt und jedes Jahr seinen Geburtstag aufs Neue feiern muss, weil er Gott beleidigt hatte, sorgte für Entspannung nach diesem langen Tag. Dieses Stück war auf jeden Fall sehenswert,denn neben Licht- und Bühneneffekten konnte auch die Präsentation eines weiblichen Gottesüberzeugen. Den Abschluss des Tages bildete schließlich die Band des Gymnasiums, neben Getränken und Pizza für alle.

Letzter Tag: Hören und Staunen…

Am letzten Morgen ging es schon sehr früh direkt zum Deutschen Museum, um einen Vortrag von Dr. Thomas Udem vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik über die Zeit zu hören. Klar wurde, dass wir seit Einstein wissen, dass Zeit nicht absolut ist und dass Uhren die genauesten Messinstrumente der Physiker sind. Außerdem erfuhren wir, dass der so genannte„Erdrotationsdienst“ unsere Uhrzeit an Unregelmäßigkeiten in der Erdbewegung anpasst und dass mit der Entdeckung von Dr. Hänsch noch genauere Uhren möglich sind, mit denen wir Höhenunterschiede von einem Zentimeter durch die veränderte Gravitation feststellen könnten. Vereinfacht ist dies vergleichbar mitdem GPS (Global Positioning System), das dem Navigationssystem ermöglicht, festzustellen, wo wir uns gerade befinden.

...selbst Hand anlegen…

Danach nahm ich an einem Workshop im Schülerlabor der TU im Deutschen Museum (TUM – Lab) teil, wo wir alle die Möglichkeit hatten, „graue“ Satellitenaufnahmen vom Hubble-Teleskop am Computer einzufärben und so übereinander zu legen, dass ein Bild entstand, welches schließlich den Bildern ähnelte, die wir sonst nur im Fernsehen begutachten können. Auch hier fehlte ein kurzer Vortrag zum Weltraumteleskop Hubble nicht. Eine DVD mit Fotos und weiteren Informationen gab es für jeden Teilnehmer gratis dazu.

…und Physik mit der Dachlatte!

Das Abschlusshighlight erwartete uns jedoch noch. Prof. Dr. Harald Lesch (Gewinner des Deutschen Kommunikatorpreises für Wissensvermittlung), der vielleicht einigen aus der Sendung „alpha-centauri“ auf BR-alpha bekannt sein wird, brachte uns eine Viertelstundelang mit Wissen zum Lachen. Fragen wie:„Warum waren die Aliens im Film ‚Alien’ so sauer?’ oder „Warum hat ‚Independence Day’ solange gedauert, obwohl bereits nach den ersten Minuten alle hätten tot sein müssen?“, zeigten nicht nur, dass die Filmemacher sich vielleicht mehr Gedanken machen sollten (mehr reale Wissenschaft statt nur reiner Showeffekt), sondern zudem, wie sehr uns die Relativitätstheoriebeeinflusst. Doch auch komplizierte Themen wie der Schwarzschild-Radius der Schwarzen Löcher blieben hier nicht außen vor. Als dem Wissenschaftler schließlich der Laserpointer fehlte, erfüllte auch eine einfache Dachlatte diese Aufgabe als Zeigegerät. Die Frage, warum wir eigentlich GPS (satellitengestützte Navigationssysteme) benutzen, wo wir doch viel mehr erleben könnten, wenn wir uns verfahren haben und nachfragen müssen, blieb bei der Erklärung dieses Systems auch nicht unbeantwortet.Damit war das volle Programm abgerundet. Es bleibt nur zu sagen, dass nie Langeweile aufkam und dass der Schülerkongress das Einsteinjahr2005 nicht abschließen, sondern Perspektiven für die Zukunft aufzeigen sollte. Mir hat es jedenfalls Spaß gemacht und es war eine interessante Erfahrung, die Wissenschaft, Bildungspolitik und Weltgeschichte vereinte. Die Teilnahme an solchen Schülerkongressen kann ich nur empfehlen, wenn sich die Möglichkeitdazu bietet.