Zur Geschichte des Amtsgerichts Sinzig

Sigrid Seul/Heinz Lindlahr

Durch die Verordnung vom 5. Juli 1879 wurden in den königlich preußischen Staaten die Amtsgerichte errichtet. Im Landgerichtsbezirk Koblenz entstanden für den damaligen Kreis Adenau das Amtsgericht Adenau, für den Kreis Ahrweiler die Amtsgerichte Ahrweiler und Sinzig, dessen 125-jähriges Bestehen 2004 in einer umfangreichen Dokumentation gewürdigt wurde. Einige markante Stationen aus der Entwicklung des Amtgerichts Sinzig werden nachfolgend vorgestellt.

Gerichte in Sinzig

Erstmals wurde in Sinzig 1220 ein Gericht erwähnt. Der königliche Amtmann hatte das Vogtrecht. 1353 war das Hauptgericht Sinzig zuständig für Sinzig, Koisdorf, Westum und Löhndorf. 1609 verlor das Wadenheimer Hauptgericht seine Vorrangstellung bezüglich der Grafschaft Neuenahr. Die Kriminalfälle der Ämter Neuenahr und Sinzig wurden nun in Sinzig verhandelt.

Das Amtsgericht Sinzig in der Barbarossastraße, 2006

Als das Rheinland 1815 an Preußen kam, war in Sinzig ein Polizei- und Rheinzollgericht, ab 1821 dann auch ein preußisches Friedensgericht.

Mit Wirkung vom 1. Oktober 1879 richtete sich die Gerichtsorganisation nach dem Gerichtsverfassungsgesetz vom 27.1.1877, welches heute noch gilt. Anstelle der Friedensgerichte erfolgte durch Verordnung vom 26.7.1878 und 5.7.1879 die Errichtung der Amtsgerichte in den Landgerichtsbezirken. Das Amtsgericht Sinzig im Landgerichtsbezirk Koblenz umfasste aus dem Kreis Ahrweiler die Bürgermeistereien Niederbreisig, Remagen, Sinzig, Bürgermeisterei Königsfeld mit Ausschluss der Gemeindebezirke Blasweiler, Heckenbach und Ramersbach.

Gerichtsgebäude

Untergebracht war das Gericht von 1815 bis 1837 in der sogenannten Martelsburg an der heutigen Rheinstraße. Dieses Gebäude steht nicht mehr. Ab 1837 befand es sich im damals neuen Stadt- und Schulhaus am Kirchplatz, der heutigen Stadtverwaltung, zusammen mit Bürgermeisterei, Schule und Lehrerwohnungen.

Allerdings erwies sich auch dieses Gebäude in zunehmendem Maße als unzureichend, selbst nach mehreren umfangreichen Umbauten.

Als unhaltbar wurden auch die Zustände in dem alten Gerichtsgefängnis beschrieben. Die Justizbehörde beschloss daher 1907 den Neubau eines Amtsgerichts an der damaligen Eisenbahnstraße, der heutigen Barbarossastraße, nachdem sich die Stadt Sinzig zur unentgeltlichen Hergabe eines Bauplatzes im Wert von 5.500 Mark bereiterklärt hatte.

Bis heute besticht neben der guten Erreichbarkeit auch die prächtige Umgebung des Gebäudes, die schon vor der Erbauung besonders hervorgehoben wurde: „... gegenüber liegt ein schlossartiges Sommerhaus, dessen Parkanlagen bis an die Straße reichen; weiter die Anhöhe hinan, die von der prächtigen in romanischen Stilformen erbaute katholische Kirche bekrönt wird, ziehen sich die Anlagen mit schönem, älterem Baumbestand. Hierdurch wird voraussichtlich für allezeit dem Amtsgerichtsgebäude eine würdige, landschaftlich vornehme Umgebung gewährleistet.“

Mit dem Bau wurde dann 1910 begonnen, sodass sich das Amtsgericht zunächst mit räumlichen Notlösungen behelfen musste. Für eine Übergangszeit waren einzelne Abteilungen des Amtsgerichts im alten Pfarrhaus in der Zehnthofgasse, an der Stelle des heutigen Pfarrheims in der Zehnthofstraße untergebracht.

Für das stattliche Amtsgerichtsgebäude entwarf man folgendes Raumprogramm: 5 Richterzimmer, 9 Gerichtsschreibereien, 2 Grundbucharchive (nicht beheizbar), 2 Kanzleien, je 1 Zimmer für unbesoldete Assessoren, für Referendare und die Bibliothek, dazu Sitzungssaal, Zeugenzimmer und Zimmer für den Gerichtsdiener, eine Dienstwohnung und einen Gefängnistrakt. Hierfür veranschlagte man insgesamt 259000 Mark als Gesamtkosten. Davon entfielen 182100 Mark auf das eigentliche Geschäftsgebäude, 32600 Mark für das Gefängnis, 10600 Mark für das Aufseher-Wohnhaus, und 17700 für die Nebenanlagen, 16000 Mark waren für die Bauleitung vorgesehen.

1914 bat der aufsichtführende Richter um die nachträgliche Genehmigung von Deckenleuchten, da für die Richterzimmer, das Assessoren- und Referendarzimmer und die Schreibstube nur Lampen für die Sitzplätze vorgesehen waren und die vorgesehene Beleuchtung zur genügenden Erhellung der Räume nicht ausreiche. Fertig gestellt wurde das neue Gerichtsgebäude im Jahre 1915. Am 1. Mai 1915 erfolgte der Umzug der Mitarbeiter in das Amtsgericht. Seither wird in diesem Gebäude Recht gesprochen. Es finden fast täglich Gerichtsverhandlungen statt.

Drohende Auflösung

Ende der 1960er Jahre sollte das Amtsgericht Sinzig aufgelöst werden, bzw. Zweigstelle des Amtsgerichts Bad Neuenahr-Ahrweiler werden. Hiergegen wandte sich auch der Stadtrat von Sinzig am 15. Juli 1968 mit einer erfolgreichen Denkschrift, die zur Folge hatte, dass das Amtsgericht Sinzig nicht aufgelöst wurde. Vielmehr hat das Amtsgericht Sinzig seit Ende der 1960er Jahre einen beachtenswerten Aufschwung genommen. Insgesamt arbeiten im Amtsgericht 43 Beschäftigte in verschiedenen Aufgabenbereichen wie Nachlass, Grundbuch, Vormundschaften, Strafsachen, Familiensachen, Vollstreckung, Verwaltung, Rechtsantragstelle.

Das Amtsgericht Sinzig heute

Das Amtsgericht ist zuständig für ca. 67.000 Bewohner des Kreises Ahrweiler aus den Gemeinden Stadt Sinzig, Stadt Remagen, Verbandsgemeinde Bad Breisig und Verbandsgemeinde Brohltal.

Um den Erfordernissen einer modernen Behörde zu entsprechen, wurde das Gebäude aus dem Jahre 1915 umfassend saniert und ein Aufzug eingebaut. In den letzten Jahren 20 Jahren wurden über 600.000 Euro in den Bauunterhalt investiert.

Auch die Ausstattung erinnert nun nicht mehran die Zeit der Ärmelschoner. Und statt wie einst mit Feder und Tintenfass arbeiten die Justizbediensteten inzwischen alle mit PC, Email, Telefon und Fax.

Quellen:

Sigrid Seul / Heinz Lindlahr: Das Amtsgericht Sinzig (Dokumentation aus dem Jahre 2004 zum 125jährigen Bestehen des Amtsgerichts)